Einladung zum 10. Rotwildsymposium

Vor genau 20 Jahren fand das 1. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung in den Räumlichkeiten des damaligen Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in Bonn statt. Nun lädt die Stiftung zu ihrem 10. Rotwildsymposium am 19. und 20. Mai 2022 in Berlin ein.

Das Programm und alle weiteren Tagungsinformationen finden Sie hier.

Bitte melden Sie sich dazu unter www.DeutscheWildtierStiftung.de/Registrierung an. Anmeldeschluss ist der 9. Mai 2022.

Die Rotwildsymposien der Deutschen Wildtier Stiftung haben sich seit 2002 zu einer zentralen Plattform für die Diskussion rund um den Rothirsch und andere Huftierarten entwickelt. Unsere Themen waren dabei u.a. Strategien für eine tiergerechte Jagd, der Umgang mit dem Rothirsch in Großschutzgebieten oder die tierschutzgerechte Reduktion großer Populationen. Bis zu 250 Teilnehmer aus Praxis, Wissenschaft, Behörden und Politik haben an dem Symposium teilgenommen. Mit unserem 10. Rotwildsymposium wollen wir einen Blick auf die vergangenen 20 Jahre werfen und Kurs in die Zukunft nehmen.

Das 10. Rotwildsymposium wird am Abend des 19. Mai mit einem Get-together im Zollpackhof am Bundeskanzleramt starten. Die eigentliche Tagung findet am 20. Mai im Allianz Forum direkt am Brandenburger Tor statt. Ein feierliches Abendessen in der Reichstagskuppel wird das Symposium abschließen.

Veranstaltungsorte

Get-together am Bundeskanzleramt
Zollpackhof, Remise
Elisabeth Abegg Straße 1 • 10557 Berlin

Tagung am Brandenburger Tor
Deutsche Wildtier Stiftung
Allianz Forum • Pariser Platz 6 • 10117 Berlin

Dinner im Reichstag
Reichstag, Restaurant Käfer
Platz der Republik 1 • 11011 Berlin
(Besucherempfangszentrum an der Scheidemannstraße)

Hotel-Empfehlung

Steigenberger am Kanzleramt
Ella-Trebe Straße 5 • 10557 Berlin
Telefon 030 740 74 39 90
EZ 149 Euro/ DZ 169 Euro pro Nacht, inkl. Frühstück
Zimmer sind bis zum 20. April unter dem Stichwort „Rotwildsymposium“ buchbar.

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bis zum 9. Mai 2022 unter www.DeutscheWildtierStiftung.de/Registrierung an.
Ihre Online-Registrierung ist aus Sicherheitsgründen und nach Auflagen des Deutschen Bundestages notwendig.
Die Veranstaltung wird nach der 2G-Plus-Regelung durchgeführt.

Teilnahmegebühr

Tagung, Get-together und Dinner: 200 Euro
Tagung, Get-together oder Dinner: 150 Euro

Bitte überweisen Sie den Betrag bis zum 10. Mai 2022 an:

Deutsche Wildtier Stiftung
!! ACHTUNG !! aktualisierte IBAN
IBAN: DE24 2005 0550 1002 2515 18
BIC: HASPDEHHXXX
Verwendungszweck: „IHR NAME – Rotwildsymposium 2022“

Posterausstellung

Alle Rotwildprojekte in Deutschland sind herzlich eingeladen, ein Poster über ihr Projekt auf dem Rotwildsymposium zu
präsentieren. Bitte melden Sie Ihr Poster bis zum 10. Mai 2022 bei der Deutschen Wildtier Stiftung an.

Organisation

Susanne Haumann, Dr. Andreas Kinser
S.Haumann@DeutscheWildtierStiftung.de
Telefon 040 970 78 69 – 0

 

Neue Studie belegt Inzucht bei hessischem Rotwild

Der Rothirsch ist in Hessen noch zahlreich vertreten. Doch Wildbiologen des Arbeitskreises Wildbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen hatten bereits vor drei Jahren festgestellt: Es findet kaum ein Austausch zwischen den voneinander getrennten Populationen statt. 2018 wurde in Hessen das erste Tier mit einem verkürzten Unterkiefer entdeckt – einer Missbildung, die bei Inzucht auftritt. „In keiner einzigen Population Hessens reicht die genetische Vielfalt aus, damit sich Cervus elephus in der Zukunft an veränderte Umweltbedingungen anpassen kann“, sagt Prof. Gerald Reiner, Hauptautor der damaligen Studie und ergänzt: „Der langfristige Fortbestand unserer größten heimischen Wildtierart steht damit in Frage“. Mit einer neuen Veröffentlichung in den „Beiträgen zur Jagd- und Wildforschung“ unterstreichen sie nun ihre damaligen Erkenntnisse: Mittlerweile konnten bereits in drei Rotwildbezirken Tiere mit verkürzten Unterkiefern und damit mit bereits äußerlichen Anzeichen für eine Inzuchtdepression nachgewiesen werden.

Die neue Veröffentlichung von REINER & WILLEMS zu „Genetische Isolation, Inzuchtgrade und Inzuchtdepressionen in den hessischen Rotwildgebieten“ finden Sie hier.

Genetische Vielfalt als Teil von Biodiversität

Hessen ist eines von mehreren Bundesländern, in denen Rothirsche nur in sogenannten Rotwildbezirken existieren dürfen. Außerhalb dieser Gebiete müssen sie per Gesetz ausgerottet werden. „Sehr viel stärker als Autobahnen oder Eisenbahntrassen zerschneidet damit der Gesetzgeber die hessischen Rotwildlebensräume“ sagt Dr. Andreas Kinser, stellvertretender Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung, die die Veröffentlichung der hessischen Genetikstudie unterstützt hat. „Die falsche Jagdpolitik trägt Verantwortung für den Rückgang von genetischer Vielfalt, die ein wesentlicher Teil von Biodiversität ist.“

Doch nicht nur Hessen macht den Rothirsch krank. In Baden-Württemberg darf der Rothirsch nur auf vier Prozent der Landesfläche – aufgeteilt in fünf gesetzlich festgelegten Rotwildbezirken – existieren. Um dem Rothirsch eine Stimme zu geben, hat die Deutsche Wildtier Stiftung die erste geröhrte Petition der Welt gestartet. Bereits über 25.000 Natur-und Artenschützer haben auf www.change.org/rothirsch für die Abschaffung von Rotwildbezirken unterzeichnet. „Der Verlust von genetischer Vielfalt ist unumkehrbar“, sagt Andreas Kinser. „Um das Steuer herumzureißen, muss die Politik jetzt endlich die natürlichen Wanderungen des Rothirsches zulassen.“

Bestellinformationen & Download

Die Studie „Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität“ ist ein Plädoyer für die Wiedervernetzung nicht nur der Rotwildpopulationen durch überregionalen Lebensraumverbund. Zugleich ist sie ein Beitrag zur Sicherung der Biodiversität und nebenbei ein Grundkurs in Populationsgenetik – zum Anfassen und Verstehen.

Die Studie zur „Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität“ können Sie hier herunterladen:

REINER, G. & WILLEMS, H. (2019): Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität. Brühlsche Universitätsdruckerei, Gießen,  ISBN 978-3-936802-28-3, 76 S.

Gegen eine Schutzgebühr in Höhe von 9,90 € inkl. Versandt können Sie die Studie in Broschürenform durch unser Bestellformular oder per Tel. 040 9707869 – 0 bestellen.

 

ursprünglich veröffentlicht am 5.11.2019;

überarbeitet am 28.1.2022

Riskante Freigabe einzeln anwechselnder Alttiere

Um zu ermitteln, wie groß das Risiko von Verstößen gegen den Muttertierschutz auf Bewegungsjagden ist, hat die Deutsche Wildtier Stiftung im vergangenen Jahr eine Studie beim Institut für Tierökologie und Naturbildung in Auftrag gegeben. Mit dem Ergebnis der Fallstudie liegen nun erstmals Fakten zum Risiko von Kälberwaisen bei der Freigabe einzeln anwechselnder Alttiere auf Bewegungsjagden vor.

Einladung zum Online-Vortrag über Muttertierschutz auf Bewegungsjagden

Aufgrund der engen und langen Bindung zwischen Alttier und Kalb hat der Rotwildjäger eine besondere Verantwortung bei der Jagd auf Alttiere. Dies gilt vor allem für Bewegungsjagden, auf denen einzeln anwechselnde Alttiere erlegt werden dürfen. Diese Freigabe beruht meist auf der Annahme, dass Alttier und Kalb unzertrennlich sind und damit in der Regel gemeinsam anwechseln. Und sollte dann doch einmal entgegen dem gesetzlichen Eltern- oder Muttertierschutz (§ 22 Abs. 4 BJagdG) ein Alttier vor seinem Kalb erlegt worden sein, so das Kalkül vieler Jagdleiter, wird das verwaiste Kalb im Laufe der Jagd noch zur Strecke kommen.

Um zu überprüfen, wie hoch das Risiko des Verwaisens von Rotwildkälbern auf Bewegungsjagden ist, hat Olaf Simon, Mitbegründer und geschäftsführender Mitarbeiter am Institut für Tierökologie und Naturbildung in Hessen, den Gesäugestatus und die verwandtschaftlichen Beziehungen von bei Bewegungsjagden erlegten Alttieren und Kälbern analysiert. Die Ergebnisse dieser im Auftrag der Deutschen Wildtier Stiftung durchgeführten Studie werden nun auf einem Online-Vortrag erstmals vorgestellt.

„Risiko von Kälberwaisen bei Rotwild auf Bewegungsjagden – erste Ergebnisse einer Fallstudie“

am 07. Oktober 2021

von 17.00 bis 18.30 Uhr

Die Teilnahme ist kostenlos und alle Interessierten sind herzlich willkommen! (Anmeldung ist abgeschlossen)

Hintergrund

Bewegungsjagden sind im deutschsprachigen Raum eine übliche Jagdmethode, um störungsarm und effizient zu jagen und Rotwildbestände während kurzer Jagdzeiten im Herbst regulieren zu können. Die Freigabe umfasst dabei häufig Alttiere, die einzeln anwechseln und deren Verhalten darauf schließen lässt, dass sie nicht oder nicht mehr führen. SIMON & LANG (2019; im Tagungsband des 9. Rotwildsymposiums) gingen der Frage nach, wie groß der Anteil nicht-führender bzw. als Dublette mit ihrem Kalb erlegter Alttiere auf Bewegungsjagden ist und untersuchten dazu den Gesäugestatus von 368 in den Jahren 2006 bis 2017 auf Bewegungsjagden erlegten Alttieren. Dabei stellen die Autoren fest, dass nur etwa jedes fünfte auf Bewegungsjagden erlegte Alttier tatsächlich nicht mehr laktierend war. Über 50 % aller erlegten Alttiere waren am Tag der Jagd noch führend während das Schicksal ihrer Kälber gleichzeitig unbekannt blieb. Damit blieb auch unklar, ob der gesetzlich verankerte Muttertierschutz in diesen Fällen eingehalten wurde. Objektive Fakten, ob die führungslos gewordenen Kälber tatsächlich noch im Jagdverlauf erlegt werden, fehlten dazu bisher. Mittels genetischer Analyse von auf Bewegungsjagden gewonnenen Alttier- und Kalbproben konnte in der Fallstudie des Instituts für Tierökologie und Naturbildung nun erstmals geklärt werden,

  1. wie viele am Jagdtag führungslos gewordener Kälber den Jagdtag überlebt haben und verwaist zurück geblieben sind und
  2. wie hoch der Anteil derjenigen als Kalb-Alttier-Dubletten angegebenen Erlegungen ist, bei denen zwischen den erlegten Tieren keine direkten Verwandtschaftsbeziehungen vorhanden sind.

Um dem biologisch so wichtigen Muttertierschutz beim Rotwild gerecht zu werden, fordert die Deutsche Wildtier Stiftung bereits seit Jahren, auf die Freigabe einzeln anwechselnder Alttiere auf Bewegungsjagden im Oktober und November zu verzichten. Gleichzeitig plädiert sie für eine intensive Spätsommerjagd auf Kahlwild mit erfahrenen Jägern, um durch Kalb-Alttier-Dubletten noch vor der Brunft Alttiere tierschutzgerecht zu erlegen.

Zwei Jahre neue Hessische Rotwildrichtlinie

Seit zwei Jahren gilt eine neue „Richtlinie für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Hessen“, die die schwarz-grüne Landesregierung verabschiedet hatte. Damit einher gingen einige markante Neuerungen: Zum Beispiel endet die Jugendklasse beim männlichen Wild nach der neuen Rotwildrichtlinie nun nicht mehr beim 4- sondern beim 5-jährigen Hirsch und die mittelalten Hirsche (6 bis 9jährig) sollen nicht mehr wie bisher voll geschont werden. Außerdem sieht die neue Richtline pauschale Abschussplanerhöhungen in bestimmten Schadsituationen vor. Diese neue Wildschadensregelung kam in den beiden vergangenen Jahren bereits mehrfach zum tragen. Nun hat das Ministerium die Jahresjagdstrecken für das Jagdjahr 2020/ 21 und damit für das zweite Jagdjahr unter der neuen Rotwildrichtlinie vorgelegt: Die Jagdstrecke betrug im vergangenen Jahr 8266 Tiere, vor fünf Jahren waren es noch 6880. Allerdings wurde die geplante Jahresstrecke wie bereits in den Jahren zuvor nicht erfüllt. Aus einer parlamentarischen Anfrage der FDP-Landtagsabgeordneten Wiebke Knell an Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/ Die Grünen) geht hervor, dass vor allem weniger Alttiere wie vorgegeben von den Jägern erlegt wurden. Im Jagdjahr 19/ 20 sollten 2.069 Alttiere erlegt werden – inkl. Fallwild lag die Strecke jedoch bei nur 1.433 Stücken. Im vergangenen Jagdjahr wurde der Abschuss von 1.969 adulten weiblichen Tiere festgelegt, erlegt wurden samt Fallwild nur 1.425.

Anteil männlichen Wildes an der Jagdstrecke durch neue Rotwildrichtlinie gestiegen

Ein etwas genauerer Blick auf die Abschussverteilung verrät, das der Anteil von Alttieren auf der Jagdstrecke von seinerzeit 17 % im Jagdjahr 2015/ 16 auf nun 14 % gesunken ist. Während eines Reduktionsprojektes sollten allerdings möglichst mehr als 20 % der Gesamtstrecke aus tierschutzgerecht erlegten Alttieren bestehen. Gleichzeitig ist der Anteil männlicher Tiere an der Gesamtstrecke unter der neuen Rotwildrichtlinie von seinerzeit 43 auf nun 47 % gestiegen. Oder anders ausgedrückt: Während die Jagdstrecke der Alttiere in den letzten fünf Jahren nur um  7 % gestiegen ist, ist sie bei den mittelalten Hirschen um 86% und bei den jungen Hirschen um 67 % gestiegen. Das mit einem stärkeren Hirschabschuss langfristig keine Rotwildpopulation reduziert werden kann, ist indes jedem Milchmädchen klar. Es ist daher keinesfalls sicher, dass die höheren absoluten Abschusszahlen in Hessen zu einer nachhaltigen Reduktion der Bestände führen werden. Genauso gut möglich ist, dass die Bestände wegen der im Verhältnis geringeren Alttier-Strecke noch länger auf hohem Niveau bleiben und sich nur die jagdliche Intensität aufgrund der hohen Abschussvorgaben erhöht. Dann würde sich zwangsläufig auch die Waldschadenssituation weiter zuspitzten, was qua Richtlinie automatisch zu weiter steigenden Abschussvorgaben führen wird – ein klassischer Teufelskreis.

Die Deutsche Wildtier Stiftung hat der Jagdzeitschrift „Wild und Hund“ im Frühjahr 2019 ein Interview zu der neuen Schalenwildrichtlinie in Hessen gegeben. (Zu dem Interview gelangen Sie hier.) Da die Freigabe einzelner Alttiere auf Bewegungsjagden ein hohes Risiko für das Verwaisen von Rotwildkälbern darstellt, plädiert die Deutsche Wildtier Stiftung für den Fall einer beschlossenen Bestandesreduktion für eine intensive Spätsommerjagd auf Kahlwild mit erfahrenen Jägern. Durch Kalb-Alttier-Doubletten können so noch vor der Brunft viele Alttiere tierschutzgerecht erlegt werden.

Downloads

Kinser, A.; Wölfing, B.; Münchhausen, H.Frhr.v.; Gräber, R. & Siebert, U. (2020): Abschussstruktur für Reduktionsprojekte beim Rotwild. AFZ-Der Wald 9/2020, 34-37.

BAD DRIBURGER ERKLÄRUNG der Deutschen Wildtier Stiftung: Empfehlungen zur Reduktion von Rotwildbeständen unter Einhaltung des Tierschutzes aus Anlass des 9. Rotwildsymposiums der Deutschen Wildtier Stiftung (2018)

 

 

 

Von Rotwildgenetik bis Ornithologie: Passion eines Multitalentes

Gerald Reiner ist ein Multitalent: Er ist Veterinär aus Berufung, Wildbiologe aus Überzeugung und Wildtierfotograf aus Passion. Die große Bandbreite seines Könnens hat er allein in den letzten Tagen eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Mit einem Podcast über die drohende Gefahr der genetischen Verarmung hessischer Rotwildpopulationen auf der einen Seite und der Veröffentlichung eines faszinierenden Fotobandes über die „Gefiederte Biodiversität Deutschlands und Europas“ auf der anderen Seite. Der profilierte Genetiker Gerald Reiner entpuppt sich damit nicht nur als Mahner für die Vernetzung von Lebensräumen weit wandernder Arten wie dem Rothirsch, sondern auch als Anwalt unserer Avifauna. Denn Rebhuhn, Kiebitz und andere Offenlandarten werden leider bald verschwunden sein, wenn sich die derzeitige Bewirtschaftung unserer Agrarlandschaften nicht ändern wird.

Studie zur Rotwildgenetik

Was bedeutet eine Inzuchtdepression? Wie lange sind genetisch verarmte Populationen überlebensfähig und welche Rolle spielt dabei die Jagd? Diese und viele andere Fragen beantwortet Professor Reiner in einem Interview, das er mit Markus Stifter, dem Macher hinter jagdtalk.de, gehalten hat. Hintergrund ist die Studie zur „Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität“, die Reiner 2019 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Wildtier Stiftung herausgebracht hat. Die Studie ist ein Plädoyer für die Wiedervernetzung nicht nur der Rotwildpopulationen durch überregionalen Lebensraumverbund sondern auch ein Beitrag zur Sicherung der Biodiversität. Ganz nebenbei ist sie ein Grundkurs in Populationsgenetik – zum Anfassen und Verstehen.

Den Podcast zur Rotwildgenetik finden Sie hier.

Die Studie zur „Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität“ können Sie hier herunterladen oder bestellen.

Gefiederte Biodiversität Deutschlands und Europas

Mit seiner Dokumentation über die „Gefiederte Biodiversität Deutschlands und Europas“ nimmt Gerald Reiner seine Leser indes mit auf eine faszinierende Reise, die in den alpinen Landschaften der Telemark in Südnorwegen beginnt, sich über die verschiedenen Lebensräume Deutschlands fortsetzt und schließlich im spanischen Teil der Pyrenäen endet. Mehr als 120 Vogelarten aus 21 Lebensräumen und deren Artbeschreibungen setzt Reiner auf 312 Seiten in Szene, alle 300 großformatigen Fotos sind ausschließlich in der freien Wildbahn Europas entstanden. Dem Schreiadler, für den die Deutsche Wildtier Stiftung in Mecklenburg-Vorpommern Lebensraum schafft, ist ein exklusives Arten-Porträt gewidmet.

Neben ausführlichen Beschreibungen von (A)uerhuhn bis (Z)wergdommel weist Reiner auch immer wieder auf die Bedrohungssituation vieler Vögel und die Notwendigkeit für Schutzmaßnahmen hin. Damit erweist sich der profilierte Genetiker Gerald Reiner nicht nur als Mahner für die Vernetzung von Lebensräumen weit wandernder Arten wie dem Rothirsch, sondern auch als Anwalt unserer Avifauna.

Einen Blick ins Buch und die Bestellinformationen zum Fotoband finden Sie hier.

Gefiederte Biodiversität

FLI bittet deutschlandweit um Gewebeproben von Rot-, Reh- und Sikawild

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) von der Insel Riems bittet alle Jägerinnen und Jäger in Deutschland um Unterstützung bei einem Forschungsprojekt zur Chronic Wasting Disease (CWD). Das Institut benötigt von einer repräsentativen Anzahl Rotwild, Rehwild und Sikawild aus allen Bundesländern eine geringe Menge (ca. 1g) Gewebe, um die DNA zu präparieren und eine Genotypisierung durchführen zu können. Denn bisher ist noch nicht vollständig geklärt, in welchem Maß unsere heimischen Hirscharten für CWD genetisch empfänglich sind. Bekannt ist beispielsweise, dass Damwild nicht von der CWD betroffen ist.

Die in der deutschen Übersetzung als Chronische Auszehrungskrankheit bezeichnete Erkrankung ist ursprünglich bekannt aus Nordamerika und verbreitet sich derzeit bereits in Norwegen. Sie ist hochansteckend und sein Erreger kann über Jahrzehnte infektiös bleiben. Nach Ausbruch der Erkrankung kümmern betroffene Tiere stark und verenden zwingend an ihren Folgen. Jägerinnen und Jäger, die Interesse haben sich an diesem Projekt zu beteiligen finden im Folgenden ein Anschreiben von Dr. Christine Fast, der Projektleiterin am FLI sowie einen Leitfaden zur Probennahme.

Downloads

Anschreiben zur Projektstudie „Bekämpfung der Chronic Wasting Disease (CWD) in Europa“

Leitfaden für die Probengewinnung

Genetische Differenzierung von Rotwildpopulationen ist menschengemacht

In einem gerade erschienen Artikel im European Journal of Wildlife Research beschreiben Gerald REINER und Kollegen die genetische Differenzierung zwischen 19 Rotwildbezirken in Hessen. Dafür wurden insgesamt 1.291 Rotwildproben gesammelt und mit 16 Mikrosatellitenmarkern genotypisiert. Die Ergebnisse zeigen insgesamt eine hohe genetische Differenzierung zwischen den meisten Rotwildbezirken. Vierzehn von ihnen lassen sich zu vier Regionen zusammenfassen, in denen regelmäßiger genetischer Austausch vorhanden ist. Fünf Gebiete sind weitgehend isoliert oder zeigen nur einen begrenzten Genfluss mit benachbarten Gebieten. Die effektive Populationsgröße, dass heißt die Anzahl der Tiere, die tatsächlich an der Reproduktion teilnehmen, war in zehn der 19 Rotwildbezirken geringer als 100. Die zur Aufrechterhaltung des evolutionären Potenzials erforderliche effektive Populationsgröße von mindestens 500 bis 1.000 Tieren wurde weder in den vier zusammengefassten Regionen mit genetischem Austausch, geschweige denn in den einzelnen Rotwildbezirken erreicht. Bereits 2019 hatten REINER & WILLEMS in einer durch die Deutschen Wildtier Stiftung unterstützten Veröffentlichung auf die Notwendigkeit zur Sicherung der genetischen Vielfalt beim hessischen Rotwild als Beitrag zur Biodiversität hingewiesen.

Die hohe genetische Differenzierung zwischen den Rotwildbezirken in Hessen kann mit dem Vorhandensein von Landschaftsbarrieren wie zum Beipiel Flüssen aber auch mit der Durchsetzung von „rotwildfreien“ Gebieten in Verbindung gebracht werden. Beides verhindert den Genfluss zwischen benachbarten Populationen. Um die genetische Vielfalt der Populationen und damit ihre Anpassungsfähigkeit an zum Beispiel klimatische Entwicklungen zu erhalten, sollte die genetische Konnektivität zwischen den Populationen verbessert werden. Maßnahmen dafür wären z.B. die Errichtung von Wildbrücken über unüberwindliche Verkehrstrassen und die grundsätzliche Schonung von jungen männlichen Individuen, die zwischen den gesetzlich festgelegten Rotwildbezirken wandern.

Den vollständigen Artikel im European Journal of Wildlife Research lesen Sie hier.

Reiner, G.; Klein, C.; Lang, M. & Willems, H. (2021): Human-driven genetic differentiation in a managed red deer population. European Journal of Wildlife Research, volume 67, Article number: 29.

 

Deutsche Wildtier Stiftung nimmt Stellung zum Nds. Jagdgesetz

Die Niedersächsische Landesregierung hat mit einem Anfang Februar vorgelegten Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz tiefe Abgründe betreten: Laut ihrem Gesetzentwurf soll der Abschuss führender Elterntiere zukünftig nicht wie bisher als Straftat geahndet, sondern sogar vollständig legalisiert werden, wenn das Elterntier nicht mehr „erkennbar“ zur Führung seines Nachwuchses notwendig ist. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat diesen Vorstoß in ihrer Stellungnahme zum Entwurf für ein neues Niedersächsisches Jagdgesetz scharf verurteilt. Weitere Kritikpunkte der Stiftung betreffen die vorgesehenen Regelungen zum waldbaulichen Ziel der Hege, zum Mindestabschussplan für Rehwild und die indirekte Wiedereinführung von Rotwildbezirken im Land.

Die Stellungnahme der Deutschen Wildtier Stiftung finden Sie hier.

 

 

Niedersächsische Landesregierung billigt verwaiste Rotwildkälber

Die Niedersächsische Landesregierung hat mit einem Anfang Februar vorgelegten Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz tiefe Abgründe betreten: Laut ihrem Gesetzentwurf soll der Abschuss führender Elterntiere zukünftig nicht wie bisher als Straftat geahndet, sondern sogar vollständig legalisiert werden, wenn das Elterntier nicht mehr „erkennbar“ zur Führung seines Nachwuchses notwendig ist. Dann dürften zum Beispiel Alttiere des Rotwildes erlegt werden, sobald ihre Kälber nicht mehr in ihrer unmittelbaren Nähe sind. Mehr noch: In der Begründung zum Entwurf des Landesjagdgesetzes fordert der Gesetzgeber dazu auf, das Verwaisen von Rotwildkälbern in Kauf zu nehmen, wenn die „wenigen Kälber in einem großen Rudel nicht mehr zuzuordnen sind“ und stattdessen Alttiere geschossen werden. Aus Sicht der Deutschen Wildtier Stiftung hat die Niedersächsische Landesregierung damit den Tierschutz auf dem Altar der Forstwirtschaft geopfert.

Dass der Abschuss von Elterntieren, die abhängiges Jungwild führen, bisher als Straftat bewertet wird, ist gut begründet: Verliert beispielsweise ein Rotwildkalb im ersten Lebensjahr sein Muttertier, wird es sofort aus dem Rudel ausgestoßen. Es verliert an Gewicht und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide. Gerade in harten Wintern wie in den letzten Wochen fehlt den verwaisten und allein umherziehenden Kälbern die Führung des Alttieres, das aus Erfahrung günstige Futter- und Ruheplätze aufsuchen würde. Bei hoher Schneelage haben mutterlose Rotwildkälber kaum eine Überlebenschance.

Zweifellos gehört es zu den größten Herausforderungen bei der Rotwildjagd, den notwendigen Anteil an Alttieren tierschutzgerecht zu erlegen. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher seit Jahren, bereits im Spätsommer mit der Jagd auf weibliches Rotwild zu beginnen. Versierte Jäger haben dann gute Chancen, zunächst das Kalb und direkt danach das dazugehörige Alttier zu erlegen. Die ‚Produktion von Waisen‘ ist damit ausgeschlossen“. Tatsächlich hat Niedersachsen erst vor kurzem den Beginn der Jagdzeit für Alttiere und Kälber des Rotwildes auf den 1. August vorgezogen und damit die Möglichkeit für eine tierschutzgerechte Jagd ermöglicht. Allerdings: Deren Umsetzung ist mehr als fraglich. Denn bereits in den vergangenen Jahren gab es für einige Landkreise in Niedersachsen eine entsprechende Ausnahmegenehmigung. Trotzdem wurde nicht zuletzt in den rotwildreichen Gebieten der Lüneburger Heide kaum ein weibliches Tier im August erlegt. Offenbar ist die Niedersächsische Landesregierung also eher gewillt, den Tierschutz zu opfern, als ihre eigenen Förster anzuweisen, bereits im August weibliches Rotwild zu erlegen.

Der Gesetzentwurf für ein neues Niedersächsisches Jagdgesetz ist noch bis Mitte März in der Verbändeanhörung.