Als Rothirsche noch die Adriaküste entlang wanderten

(derstandard.at vom  19. Juni 2016) Für die meisten Menschen ist der Rothirsch der „König des Waldes“. Tatsächlich ist Europas zweitgrößte Hirschart erst mit der Ausbreitung des Menschen nach und nach zum Waldbewohner geworden – davor lebten die Tiere eher in Gebieten mit wenig Gehölzen oder Bäumen oder sogar in Steppen-ähnlichen Landschaften. Und sie dürften über weite Strecken gewandert sein, berichten Forscher der University of Georgia nach Fossilienfunden aus dem Adriaraum. Heute gibt es an den dichtbesiedelten Adriaküsten keine Rothirsche mehr. In der Altsteinzeit zogen sie jedoch offenbar mit dem Wechsel der Jahreszeiten die Küste entlang. Das Forscherteam analysierte die bis zu 12.000 Jahre alten fossilen Zähne von Rothirschen, Steinböcken und Gämsen aus drei Höhlen, die einst von Menschen bewohnt waren. Dabei interessierte sie der Anteil eines Sauerstoffisotops, das bei migrierenden Tieren eine geringere Schwankungsbreite als bei ortstreuen aufweist. Es zeigte sich, dass die Hirsche – anders als die beiden Spezies von Ziegenartigen – regelmäßig gewandert sein müssen; und die als Jäger und Sammler lebenden Menschen sind ihnen gefolgt. Die Forscher konnten über die Isotopenanalyse aber auch mitverfolgen, wie sich die Lebensweise der Hirsche im Lauf der Jahrtausende verändert hat. Je weiter es von der Alt- auf die Mittelsteinzeit zuging, desto geringer wurden die Entfernungen, die die Hirsche zurücklegten oder noch zurücklegen konnten.

Den vollständigen Artikel in derstandard.at  finden Sie hier.

Die wissenschaftliche Veröffentlichung finden Sie hier.

Pilaar Birch SE, Miracle PT, Stevens RE, O’Connell TC (2016) Late Pleistocene/Early Holocene Migratory Behavior of Ungulates Using Isotopic Analysis of Tooth Enamel and Its Effects on Forager Mobility. PLoS ONE 11(6): e0155714. doi:10.1371/journal.pone.0155714

Lässt sich Rotwild im Nationalpark schützen?

(Schwarzwälder Bote vom 07. Juni 2016) Fritz traut sich nur in der Nacht auf freie Flächen. Tagsüber versteckt er sich im Schutz des dichten Waldes, denn mit Menschen hat er schlechte Erfahrungen gemacht. Der Rothirsch ist eines von sieben Tieren, die derzeit im Nationalpark Schwarzwald mit GPS-Senderhalsbändern ausgestattet sind. Beobachtet wird Fritz von Friedrich Burghardt und seinem Team, das sich im Fachbereich „Wald und Naturschutz“ des Nationalparks unter anderem um das Rotwild kümmert. Deren Populationsentwicklung macht manchem benachbarten Waldbesitzer allerdings Sorgen, wenn die Natur und damit auch die Tierwelt im Nationalpark langfristig auf 75 Prozent der Fläche sich selbst überlassen werden soll. Eine Sorge, die Friedrich Burghardt nicht teilt – vorausgesetzt, die Jagdpraxis ändert sich, und die Tiere bekommen im Nordschwarzwald wieder mehr Raum und Ruhe. Dazu bedürfe es aber eines intelligenten Wildtiermanagements und Rotwildkonzepts für den ganzen Nordschwarzwald, das die sehr mobilen Tiere auf der Populationsebene betrachtet. Dazu müssten Experten aus Forst, Jagd, Tourismus und Gemeinden zusammenarbeiten und sich darauf einigen, wie und im welchem Umfang die Tiere bejagt werden sollen.

Dass der Prozessschutz, also das eigentliche Ziel von Nationalparken, auch für große Pflanzenfresser möglich ist, zeigt laut Burghardt ein Blick in die Schweiz: Im Nationalpark im Engadin bereitet das Rotwild keine Probleme und hat sich wieder an den Menschen gewöhnt. Dort können Besucher die stattlichen Hirsche tagsüber an den Waldrändern beobachten, denn die Tiere haben schnell gelernt, dass der Mensch ihren Rückzugsraum achtet und sie im Nationalpark sicher sind.

Den vollständigen Artikel im Schwarzwälder Boten finden Sie hier.

Auf Flächen, die wie unsere Nationalparke exklusiv dem Naturschutz vorbehalten sind, könnten Wirkungen der Wiederkäuer eigentlich konfliktfrei zugelassen werden. Doch selbst in den meisten unserer Nationalparke wird Rotwild und anderes Schalenwild auf der überwiegenden Fläche „gemanagt“ und die Natur vor sich selbst bewahrt. Und das obwohl Rotwild und anderes Schalenwild der Schlüssel für eine ganze Reihe ökologischer Prozesse darstellt. Das 8. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung vom 07. bis 09. Juli 2016 beleuchtet beide Seiten. 

Standwild im Hochschwarzwald – die andere Art

(Badische Zeitung vom 09. Juni 2016) Seit ein paar Tagen steht im Hochschwarzwald ein metallener Rothirsch vor der malerischen Kulisse des Schluchsees. Die über drei Meter hohen Skulptur ist die erste von über zehn Skulpturen des Projektes Standwild der Projektgruppe „Rotwildgebiet Südschwarzwald“. Diese Arbeitsgemeinschaft hat bundesweit eine wegweisende Arbeit für den Umgang mit Rotwild geleistet. In der Gruppe haben erstmals nicht nur Förster und Jäger, sondern auch Privatwaldbesitzer, Landwirte, Touristiker, Naturschützer und Wildbiologen gemeinsam einen Weg für und mit dem Rothirsch erarbeitet, die „Rotwildkonzeption Südschwarzwald“.

Nun möchte die Projektgruppe in der Öffentlichkeitsarbeit mit dem Projekt „Standwild“ einen neuen Weg beschreiten. In allen Gemeinden des Rotwildgebiets, Schluchsee, Häusern, Bernau, St. Blasien und Feldberg sollen Hirsche aus Stahl – manche an den Straßen, manche mitten im Rotwildgebiet, als Blickfänge aufgestellt werden und dort möglichst lange Zeit stehen bleiben. Die Hirschfiguren sollen Aufmerksamkeit wecken für den Rothirsch in der Landschaft. Sie sind ein ästhetischer Blickfang am Straßenrand, wecken Aufmerksamkeit für die Rotwildkonzeption und können außerdem Wildunfallschwerpunkte entschärfen. Einige der Hirsche werden von Schulklassen gestaltet, aber einige sollen auch unbehandelt bleiben. Der Witterung ausgesetzt werden sie fast die natürliche Farbe des „Rot“wildes annehmen. Am Ende sollen 40 Hirsche im Rotwildgebiet aufgestellt werden.

Den vollständigen Artikel in der Badischen Zeitung finden Sie hier.

 

EU-Naturschutz geht vor „Wald vor Wild“

(Jagd in Bayern 6/2016) In Oberbayern hat ein Eigenjagdbesitzer erfolgreich gegen die Festsetzung des Abschussplans auf Rotwild geklagt. Sein Revier liegt vollständig in einem europäischen Vogelschutzgebiet (SPA), in dem das besonders geschützte Auerwild vorkommt. Die Untere Jagdbehörde hatte diesem Umstand bei ihrer Bewertung aber nicht Rechnung gezollt. Das Bayerische Verwaltungsgericht München befand nun, dass in einem SPA-Gebiet die auf EU-Ebene festgelegten Erhaltungsziele höherrangig zu bewerten seien als der Grundsatz „Wald vor Wild“ (Az. M7K15.3412). Konkret ging es um einen Rotwildabschuss, der auf 45 Stück zum sofortigen Vollzug festgesetzt wurde. Argumentiert wurde mit dem hohen Verbiss am Wald, der teilweise in einem Sanierungsgebiet mit Schutzwaldanteilen liege. Beantragt hatte der Revierinhaber 32 Stück und klagte deshalb gegen den Bescheid der Behörde. Das Verwaltungsgericht erklärte den Bescheid wegen Abwägungsfehlern für rechtswidrig. Die Behörde habe die Belange des Naturschutzes nicht in ausreichendem Maße in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.

 

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtes München verdeutlicht, dass für manche Belange des Naturschutzes ein hoher Rotwild-Abschussplan unzweckmäßig ist. Denn Rotwild übernimmt in seinem Lebensraum eine ökologische Funktion, die zum Beispiel für das  Auerwild besonders wichtig ist. Auf dem 8. Rotwildsymposium vom 07. bis 09. Juli 2016 widmet sich die Deutsche Wildtier Stiftung diesem Thema: Der Hirsch als Naturschützer.