Rechtsstreit um Verstoß gegen Muttertierschutz

(TegernseerStimme vom 21.08.2015) Im Forstbetrieb Schliersee der Bayerischen Staatsforsten wurden bei einer Drückjagd im vergangenen November drei Alttiere erlegt. Es bestehe der Verdacht, „dass es sich um zwei führende Stücke gehandelt haben könnte“, schrieb der damalige Schlierseer Forstbetriebsleiter wenige Tage später in einem offenen Brief, mit dem er sich „von einer Duldung solcher etwaigen Verstöße distanziere“. Bestätigt wurde der mögliche Verstoß gegen den Muttertierschutz auch von Jagd-Beteiligten. Es folgte eine Strafanzeige, die von der Polizeiinspektion Miesbach verfolgt wurde. Im Juni diesen Jahres stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen jedoch ein – sehr zum Unmut vieler Jäger in der Region, denen die „Wald vor Wild“-Doktrin im Freistaat Bayern längst ein Dorn im Auge ist. Die pensionierte Richterin Annemarie Schwintuchowski hat den Fall nun bis zum Generalstaatsanwalt getrieben.

Den Artikel zum Rechtsstreit um den Abschuss der Alttiere am Tegernsee finden Sie hier.

Einen Beitrag zum Muttertierschutz beim Rotwild finden Sie im Tagungsband zum 7. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung. Helmuth Wölfel lässt dabei keinen Zweifel daran, dass Rotwildkälber die Führung durch das Alttier weit über die Laktation hinaus benötigen. Informationen zum Tagungsband finden Sie hier.

 

 

Tagungsband zur Jagdethik veröffentlicht

Unter dem Titel „Gestresst, Verwaist und Eingesperrt“ hat die Deutsche Wildtier Stiftung den Tagungsband zu ihrem 7. Rotwildsymposium veröffentlicht. Die Beiträge zur Doppelmoral im Umgang mit großen Wildtieren sind dabei aktueller denn je: Die jüngsten Entwicklungen in der Jagdpolitik zeigen, dass bei unseren Wildtieren mitunter mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. Die Beiträge zu den ethischen Prinzipien in der Jagdpraxis unterstreichen dagegen die Verantwortung jedes einzelnen Jägers für unsere Wildtiere. Den Tagungsband “Gestress, Verwaist und Eingesperrt” erhalten Sie gegen eine Schutzgebühr in Höhe von 14,90 € inkl. Versandkosten unter Telefon 040 9707869-0 oder über ein Bestellformular.

Ethik und Moral unterscheiden den menschlichen Jäger vom tierischen Fressfeind. Um den ethischen und moralischen Ansprüchen unserer Gesellschaft gerecht zu werden, müssen die Jäger wie alle anderen die Natur nutzenden Menschen bei ihren Entscheidungen ihre Verantwortung für das Wohlbefinden der Wildtiere gegen ihre Handlungsmotive abwägen. Eine besondere Verantwortung hat der Gesetzgeber, der den Rahmen für die Handlungen des Menschen vorgibt. Doch die Messlatte für „gutes“ Handeln wird in Deutschland je nach Wildtier unterschiedlich angesetzt. Wie wäre es sonst möglich, dass die Ausbreitung von Wolf und Biber begrüßt, die des Rothirsches aber vor allem in den südlichen Bundesländern verboten wird? Und wieso glauben wir, Igel füttern zu müssen, Rothirsche jedoch nicht? Ist damit nicht George Orwells „Farm der Tiere“, auf der alle Tiere gleich, aber manche gleicher sind, in unserem Land allgegenwärtig?

Das 7. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung stellte die Frage nach der Gleichheit der Wildtiere. Die im nun erschienenen Tagungsband zusammengestellten Beiträge schlagen einen Bogen über die verschiedenen Facetten eines ethischen und moralischen Umgangs mit unseren großen Wildtieren und beleuchten die jagdpraktischen Aspekte des Tier- und Artenschutzes, die „richtiges“ oder „gutes“ Handeln ausmachen. Themen sind dabei u.a. der Muttertierschutz, das Nachsuchenwesen oder die natürlichen Verhaltensweisen des Rotwildes. Als Aufruf an die Jagdpraxis und Forderung an den Gesetzgeber hat die Deutsche Wildtier Stiftung ihr „Ostsee-Papier“ zum ethischen Umgang mit großen Wildtieren dem Tagungsband vorangestellt.

Das 7. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung fand vom 25. bis 28. September 2014 an der Ostsee in Warnemünde statt und wurde durch die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern und das Land Mecklenburg-Vorpommern gefördert.

 

Inhaltsverzeichnis des Tagungsbandes

Das „Ostee-Papier“ zum ethischen Umgang mit unseren großen Wildtieren in Politik und Jagd

Grußworte

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt (Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung)

Claus Robert Agte (Stifter und Vorsitzender der Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern)

Dr. Till Backhaus (Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern)

Deutschland – Deine Farm der Tiere

Zum psychischen Phänomen der Projektion im Naturschutz (Florian ASCHE)

Hirsch und Jäger zwischen Ethik und Moral

Jagd aus naturethischer Sicht (Konrad OTT/ Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)

Vom Prädator zum Jäger – ethische Prinzipien bei der Jagd (Sven HERZOG/ Technische Universität Dresden)

Die Doppelmoral im Umgang mit großen Wildtieren

Die Ausbreitung großer Wildtierarten: grenzenlos und eingesperrt (Janosch ARNOLD/ WWF Deutschland)

Jagdschutz versus Forstschutz – sind Bäume wertvoller als Tiere? (Thomas GEHLE)

Füttern in der Not? Spatz ja – Hirsch nein? (Gregor BEYER, MdL a. D.)

Ethische Prinzipien in der Jagdpraxis

Wieviel Alttier braucht das Kalb? Zum Muttertierschutz beim Rotwild (Helmuth WÖLFEL)

Vermeidung von Schmerzen: das behördliche Nachsuchenwesen in Dänemark (Mads FLINTERUP/ Dänisches Schweisshund-Register)

Ermöglichen natürlicher Verhaltensweisen – wanderndes und tagvertrautes Rotwild (Andreas KINSER & Hilmar Freiherr v. MÜNCHHAUSEN/ Deutsche Wildtier Stiftung)

Wissen und Training: Basis für ein verantwortungsvolles Jagdhandwerk (Heiko HORNUNG/ Redaktion WILD UND HUND)

Empfehlungen an Politik und Praxis

Wider die Doppelmoral beim Umgang mit Wildtieren: Empfehlungen an die Politik (Dieter DEUSCHLE/ LJV Baden-Württemberg)

Kriterien für eine zukunftsfähige Jagd: Empfehlungen an die Praxis (Friedrich REIMOSER/ Universität für Bodenkultur Wien)

Einführung in die Exkursionsziele

Lebensraumnutzung des Rotwildes in Mecklenburg-Vorpommern am Beispiel des Darss/Zingst (Matthias NEUMANN & Frank TOTTEWITZ/ Thünen-Institut für Waldökosysteme)

Posterpräsentationen

Beeinflussung des Raum-Zeit-Verhaltens von Rotwild (Cervus elaphus) durch großräumige Beweidungsprojekte auf ausgewählten DBU-Naturerbeflächen – eine Projektvorstellung (Siegfried RIEGER et al./ Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde)

Vergleichende Analyse verschiedener Methoden zur Erfassung von freilebenden Huftieren (Reinhild GRÄBER et al./ Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung)

Wildschwerpunktgebiete in Mecklenburg-Vorpommern (Matthias NEUMANN/ Thünen-Institut für Waldökosysteme)

Untersuchung der Knochenmarkfettgehalte von Rot- und Rehwild in Niedersachsen (Jan WAGNER et al./ Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung)

Das Bestellformular finden Sie hier.

Petition gegen Räumungsklage für Rotwild

Der vor kurzem gegründete Verein „Wildes Bayern e.V.“ hat eine Online-Petition gegen die konzeptlose Streichung eines Wintergatters für Rotwild im Chiemgau gestartet. Der Verein unterstützt damit regionale Initiativen, die sich in der Sache bereits an den Landtag gewandt haben. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass Wildtiere nicht einfach Spielmasse wirtschaftlicher Interessen in Wald und Feld sind,“ so Dr. Christine Miller, 2. Vorsitzende des Vereins.

Der bayerische Staat hat dem Rotwild einst Asyl in seinen Wäldern gewährt. Auf 14 % der Landesfläche, vornehmlich in den Staatsforsten darf heute dieses größte heimische Wildtier noch leben. So auch im Forstbetrieb von Ruhpolding. Nun soll hier eine der zentralen Notunterkünfte im Winter für Rotwild geräumt werden; die Tiere erhalten Platzverweis. Die natürlichen Überwinterungsorte sind auch im Chiemgau für Hirsch und Co. nicht mehr einfach zu erreichen und sie sind ihnen als Aufenthaltsorte auch nicht erlaubt. Das traditionsbewusste Rotwild wird daher auch diesen Winter versuchen, in sein altes Wintergatter zu wandern und dort Zuflucht suchen. Doch auf dem Weg dorthin soll es abgeschossen werden. Die Genehmigung wurde schon erteilt. Wer überlebt, zieht an die alte vertraute Futterstelle und wird dort wahrscheinlich verhungern. „Wir halten die Begründung, warum sich der Forstbetrieb kaum noch Rotwild auf seinen Flächen leisten will, nicht für stichhaltig,“ so Christine Miller. „Deshalb fordern wir die Aussetzung der geplanten Maßnahme und eine seriöse großräumige wildökologische Fachplanung – wie sie in unseren Nachbarländern üblich ist“.

Herzogin Helene in Bayern, die Vorsitzende des Vereins „Wildes Bayern“ ist selber Waldbesitzerin: „Rotwild hat ein Bleibe- und Lebensrecht im Chiemgau und in ganz Bayern! Als Teil der natürlichen Lebensgemeinschaft in und um den Bergwald gehört es zu unserer Heimat. Deshalb fordern wir die Menschen nicht nur im Chiemgau auf, dafür ihre Stimme zu erheben und auch der Politik zu zeigen, dass wir einen verantwortungsvolleren Umgang mit unseren Wildtieren brauchen!“

Die Unterschriftenliste und weitere Informationen findet man auf www.wildes-bayern.de.