Die Hegegemeinschaft von morgen

6. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung vom 18. bis 20. Oktober 2012

Wacker_gasthausRund 170 Teilnehmer aus Politik, Verwaltung und Praxis diskutierten vom 18. bis 20. Oktober 2012 auf Schloss Wackerbarth bei Dresden über die Hegegemeinschaft von morgen.

„Der Umgang mit Wildtieren ist vergleichsweise einfach, der Umgang mit den beteiligten Menschen ist dagegen schwer“ – mit diesen Worten des renommierten US-amerikanischen Wildbiologen Aldo Leopold (gest. 1948) eröffnete der Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, Prof. Dr. Fritz Vahrenholt, das  6. Rotwildsymposium. Die Veranstaltung wurde vom Freistaat Sachsen aus Mitteln der Jagdabgabe und vom Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) gefördert. „Damit Hegegemeinschaften den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden können, müssen sie sich von reinen Abschussgemeinschaften zu professionellen Wildtierschutz- und Nutzgemeinschaften weiterentwickeln“, fordert Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung, in seiner Präsentation zum Status Quo der Hegegemeinschaften in Deutschland. Prof. Dr. Dr. Sven Herzog von der Dozentur für Wildökologie und Jagdwirtschaft der TU Dresden unterstrich in seinem Vortrag, dass die Trophäe als Geste der Wertschätzung eines Wildtieres verstanden werden kann. Bei einseitiger Auslese nach Trophäenmerkmalen sei aber auch ein Verlust genetischer Variation denkbar.

Dr. Dietrich Meyer-Ravenstein von der Obersten Jagdbehörde in Niedersachsen stellte die Mittel des behördlichen Zwangs zur Durchsetzung von Abschussplänen in Niedersachsen vor. Er betonte, dass bei vernünftigem Handeln der Akteure kein behördlicher Zwang angewendet werden müsse. Dr. Torsten Krüger von der Dozentur für Wildökologie und Jagdwirtschaft der TU Dresden berichtete in dem Zusammenhang von einem Projekt, bei dem Rotwild über einen Abschussplan hinaus durch einen Rotwildplan bewirtschaftet werden soll. Ein Rotwildplan berücksichtigt immer auch den Lebensraum des Rotwildes und die Interessen der Grundeigentümer und der Bevölkerung.

Grundeigentümer als Mitglied der Hegegemeinschaft

Große Übereinstimmung aller Teilnehmer herrschte bei der Forderung, zukünftig auch Grundbesitzer und Landnutzer in Hegegemeinschaften zu integrieren. Baron zu Guttenberg, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, richtete einen Appell zur Zusammenarbeit an alle Akteure im Rotwildlebensraum. Er betonte, dass kein Gesetz das Handeln der Akteure vor Ort ersetzen könne. Die Berufsjäger Chris Balke und Peter Markett berichteten aus ihren hauptamtlichen Tätigkeiten bei der Leitung einer Schweißhundestation bzw. einem Hochwildring. Balke zeigte, dass Hegegemeinschaften mit der Unterstützung des Schweißhundewesens mehr Verantwortung für den Tierschutz übernehmen können. Markett zeichnete in seiner Präsentation den schwierigen Weg beim Aufbau professioneller Strukturen für eine Hegegemeinschaft nach. Wenn dies gelingt, können von Hegegemeinschaften aber deutlich mehr Aufgaben bewältigt werden als die Organisation des gemeinsamen Abschusses.

Dr. Florian Asche verknüpfte in seinem Vortrag das Anliegen von Hegegemeinschaften mit der Spieltheorie und zeigte, dass Kooperationen immer zum objektiv besten Ergebnis führen. Er vertrat den Standpunkt, dass althergebrachte Sanktionssysteme den Erfolg von Hegegemeinschaften behindern. In seinem Beispiel aus Rheinland-Pfalz zeige Gundolf Bartmann, Vizepräsident des Landesjagdverbandes, wie Hegegemeinschaften zu Körperschaften des öffentlichen Rechts weiterentwickelt werden können, in denen die Mitgliedschaft der Jagdreviere eine Pflicht ist. Langfristig können dies geeignete Modelle sein, um mehr Verbindlichkeit und Vertrauen zwischen den Akteuren zu schaffen. Johannes Grunwald von der Oberen Forst- und Jagdbehörde des Freistaats Sachsen vertrat den Standpunkt, dass Hegegemeinschaft auf privatrechtlicher Basis für die aktuellen jagdlichen Verhältnisse die geeignete Organisationsform seien.

Modernes Wildtiermanagement durch Hegegemenischaften

Der zweite Tag des Symposium widmete sich im Rahmen von Arbeitsgruppen den Themen Lebensraum und Kommunikation. Dabei wurde klar, dass sich auch das Aufgabenspektrum der Hegegemeinschaften erweitern muss. Dies reicht von der Entwicklung von Lebensraumgutachten bis hin zur aktiven Öffentlichkeitsarbeit. Der beim 6. Rotwildsymposium anwesende Präsident des Deutschen Jagdschutzverbandes (DJV), Hartwig Fischer (MdB), unterstrich: „In den Hegegemeinschaften von morgen liegt die große Chance, Öffentlichkeitsarbeit für Wild und Jagd zu machen – Hegegemeinschaften können die zentralen Einrichtungen eines modernen Wildtiermanagements sein und bieten die Chance, den Ansprüchen der Wildtiere durch Kooperationen aller Nutzergruppen vor Ort annähernd gerecht werden.“

Abschlusserklärung des 6. Rotwildsymposiums der Deutschen Wildtier Stiftung auf Schloss Wackerbarth

Die Hegegemeinschaft von morgen gleicht die Bedürfnisse der Wildtiere an ihren Lebensraum und die Nutzungsansprüche des Menschen in diesem Lebensraum aus. Sie kümmert sich um alle vorkommenden jagdbaren Arten und betreut deren Lebensraum. Pro Fläche existiert nur eine Hegegemeinschaft, deren Handeln sich an einer Leitart orientiert. In Gebieten mit Rotwildvorkommen sollte Rotwild diese Leitart sein.

Die Grenzen der Hegegemeinschaft werden durch den Lebensraum vorgegeben. Alle Reviere sind verpflichtet, in der Hegegemeinschaft mitzuwirken. Neben den Jagdausübungsberechtigten sind die Eigenjagdbesitzer oder die Vertreter der Jagdgenossenschaft Mitglieder der Hegegemeinschaft. Weitere Nutzergruppen erhalten eine beratende Stimme.

Die Hegegemeinschaft erarbeitet ein Lebensraumgutachten. Darauf aufbauend werden Konzepte und Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraumes und zur Regulierung und Nutzung der Wildbestände entwickelt. Unter anderem legt die Hegegemeinschaft die Höhe des Abschusses und die Regeln für dessen Durchführung fest. Sie unterstützt ihre Mitglieder bei der zügigen Erfüllung des Abschussplanes. Die Hegegemeinschaft ermöglicht eine regelmäßige Weiterbildung ihrer Mitglieder. Die Fortbildung ihrer Vorstände wird durch den Jagdverband organisiert. Die Hegegemeinschaft ist fachlicher Ansprechpartner für Behörden und andere planende Stellen für Fragen rund um unsere Wildtiere.

Die Hegegemeinschaft informiert regelmäßig ihre Mitglieder und vernetzt sich mit anderen Hegegemeinschaften. Sie betreibt eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit. Sie macht auf die Konflikte zwischen Wildtier und Mensch aufmerksam, wirbt für das Anliegen der Wildtiere und verbessert das Image der Jagd.

Downloads

Forderungen und Empfehlungen der Deutschen Wildtier Stiftung zur Weiterentwicklung von Hegegemeinschaften

Programm vom 6. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung auf Schloss Wackerbarth

Studie „Hegegemeinschaften in Deutschland“

Der Tagungsband „Der Hirsch und der Mensch“

Kinser, A. & Münchhausen, H.Frhr.v. (Hrsg.) (2012): Der Hirsch und der Mensch – mit den Erfahrungen von heute zu Hegegemeinschaften von morgen. Tagungsband zum 6. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung in Schloss Wackerbarth, Dresden. 18. bis 20. Oktober 2012, 978-3-936802-15-3: 214 S.

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Inhalt des Tagungsbandes

Vorwort (Deutsche Wildtier Stiftung)
Grussworte
Abschlusserklärung und Forderungen und Empfehlungen der Deutschen Wildtier Stiftung zur Weiterentwicklung von Hegegemeinschaften

Hegegemeinschaften in Deutschland – ein Überblick (Hilmar Freiherr v. MÜNCHHAUSEN  & Andreas KINSER/ Deutsche Wildtier Stiftung)

Die Aufgaben von Hegegemeinschaften

Der Hirsch und seine Krone – der Hegegedanke im 21. Jahrhundert (Sven HERZOG/ Technische Universität Dresden)

Instrumente zur Durchsetzung von Abschussplänen in Hegegemeinschaften (Dietrich MEYER-RAVENSTEIN/ Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz)

Vom Abschussplan zum Rotwildplan (Torsten KRÜGER & Sven HERZOG/ Technische Universität Dresden)

Die Verantwortung von Hegegemeinschaften für den Tierschutz (Chris BALKE & Julia NUMßEN/ Schweißhundstation Kreis Herzogtum Lauenburg)

Die Akteure in Hegegemeinschaften

Die Rolle der Grundeigentümer in Hegegemeinschaften (Phillip Freiherr von und zu GUTTENBERG Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V.)

Neugründung von Hegegemeinschaften – Erfahrungen aus Schleswig-Holstein (Hans-Albrecht HEWICKER/ Schalenwildausschuss des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein e.V.)

Die Aufgaben eines hauptamtlichen Hegegemeinschaftsleiters (Peter MARKETT/ Davert Hochwildring e.V.)

Rechtsformen, Kompetenzen & Finanzierung

Hegegemeinschaften und Spieltheorie – Vorschläge für ein verbessertes Miteinander (Florian ASCHE/ ASG Asche Stein Glockemann Verstl Wiezoreck)

Hegegemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts – neue Wege im Jagdgesetz Rheinland-Pfalz (Gundolf BARTMANN/ Forstamt Trier)

20 Jahre Pflichtmitgliedschaft in Hegegemeinschaften – Erfahrungen aus Thüringen (Karl-Heinz MÜLLER & Mario KLEIN/ Thüringer Rotwildring „Rennsteig-Vorderrhön“)

Hegegemeinschaften auf freiwilliger Basis – Das sächsische Modell (Johannes GRUNWALD/ Obere Forst- & Jagdbehörde Sachsen)

Themen der Workshops

Impulsreferat: Aufgaben von Hegegemeinschaften (Hubertus LANGER/ Lebensraumgutachten Rotwildgebiet „Hessischer Spessart“)

Impulsreferat: Landschaftspflegeverbände und Hegegemeinschaften (Christina KRETZSCHMAR/ Deutscher Verband für Landschaftspflege e.V. & Friedhart WERTHSCHÜTZ/ Jagdverband Weißeritzkreis e.V.)

Zusammenfassung der Moderatoren: Aufgaben von Hegegemeinschaften und der Blick auf die Landschaftspflegeverbände (Torsten KRÜGER & Sven HERZOG/ Technische Universität Dresden)

Impulsreferat: Erfolgreich kommunizieren – Kommunikation in und für Hegegemeinschaften (Kai ELMAUER/ elmauer institute: managing consensus)

Kommunikation und Aus- und Weiterbildung in Hegegemeinschaften – Zusammenfassung der Moderatoren (Marcus BÖRNER/ Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. & Sven HERZOG/ Technische Universität Dresden)

Hegegemeinschaften heute und morgen: Hartwig FISCHER (Deutscher Jagdverband e.V.)
Posterpräsentationen

Das Rotwild im Solling – Musterfall für eine Populationsrekonstruktion? (Steffen BAULING & Ferdinand RÜHE/ Georg-August Universität Göttingen)

Tharandter Kolloquium zu Wald und Wild (Philipp KOB/ Technische Universität Dresden)

Störungsarme Rotwildbejagung im Thüringer Wald (Matthias NEUMANN/ Thünen-Institut für Waldökosysteme & Peter HAMERS/ Thüringer Forstamt Neuhaus)

Zitiervorschlag

KINSER, A. & MÜNCHHAUSEN, H. Frhr. v. (Hrsg.) (2013): Der Hirsch und der Mensch – mit den Erfahrungen von heute zu Hegegemeinschaften von morgen. Tagungsband zum 6. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung vom 18. bis 20. Oktober 2012 auf Schloss Wackerbarth, Dresden, ISBN 978-3-936802-15-3, 214 S.