Studie im Auftrag der Deutschen Wildtier Stiftung untersucht Risiko für das Verwaisen von Rotwildkälbern auf Bewegungsjagden
Hamburg, 3. November 2021. In diesen Tagen rund um den Hubertustag starten deutschlandweit die Bewegungsjagden auf Schalenwild. In den Revieren mit Rotwildvorkommen stehen die Jagdleiter dann wieder vor der Frage, ob einzeln anwechselnde Alttiere freigegeben werden sollen oder nicht. „Auf der einen Seite müssen ausreichend Alttiere im Verlauf eines Jagdjahres geschossen werden und auf der anderen Seite steht der Muttertierschutz, der sich gerade beim Rotwild durch die etwa einjährige Aufzuchtzeit der Kälber ergibt“, sagt Dr. Andreas Kinser, stellvertretender Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung. Um zu ermitteln, wie groß das Risiko von Verstößen gegen den Muttertierschutz auf Bewegungsjagden ist, hat die Deutsche Wildtier Stiftung im vergangenen Jahr eine Studie beim Institut für Tierökologie und Naturbildung in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Fallstudie liegen nun vor. „Etwa ein Drittel der untersuchten erlegten und einzeln anwechselnden Alttiere hat am Ende des Jagdtages wahrscheinlich ein lebendes und entsprechend verwaistes Kalb hinterlassen“, so Kinser.
Analyse der Jagdstrecke der Alttiere
Um die Alttier-Kalb-Zusammengehörigkeiten zu prüfen, wurden auf 15 Bewegungsjagden die Jagdstrecken des Rotwildes vollständig beprobt. Der Gesäugestatus der erlegten Alttiere wurde vor dem Aufbrechen erfasst. „Auf den Jagden wurden insgesamt 73 Alttiere und 148 Kälber erlegt und beprobt“, sagt Olaf Simon, Studienleiter vom Institut für Tierökologie und Naturbildung. Von den Alttieren wurden 18 in einer direkten und korrekten, das heißt verwandtschaftlich tatsächlich zusammengehörigen Dublette erlegt.
Vorausgesetzt, die Jagdteilnehmer haben sich an die Anweisungen der Jagdleiter gehalten und nur korrekte, direkte Dubletten erlegt, müssten 55 erlegte Alttiere die Schützen einzeln angewechselt haben. „Die genetischen Analysen haben ergeben, dass davon 14 „trocken“ waren, von 21 Alttieren das Kalb im Verlauf der Jagd an anderer Stelle erlegt wurde und von 20 laktierenden Alttieren kein Kalb im Verlauf der Jagd erlegt wurde“, so Olaf Simon.
Mit dem Ergebnis der Fallstudie liegen nun erstmals Fakten zum Risiko von Kälberwaisen bei der Freigabe einzeln anwechselnder Alttiere auf Bewegungsjagden vor. Noch ist die Stichprobe gering, die Ergebnisse weisen jedoch auf ein vergleichsweise hohes Risiko von Kälberwaisen hin. Um dem biologisch notwendigen Muttertierschutz beim Rotwild gerecht zu werden, fordert die Deutsche Wildtier Stiftung bereits seit Jahren, auf die Freigabe einzeln anwechselnder Alttiere auf Bewegungsjagden im Oktober und November zu verzichten. Gleichzeitig plädiert sie für eine effiziente Spätsommerjagd auf Kahlwild mit erfahrenen Jägern, um durch direkte Kalb-Alttier-Dubletten noch vor der Brunft Alttiere tierschutzgerecht zu erlegen. Um den vereinbarten Alttier-Abschussplan zu erfüllen, können bei einer inzwischen hohen Kälberstrecke vor Ende der empfohlenen Jagdzeit im Dezember bei Gruppenansitzen oder bei Anrührjagden ohne Hunde mit erfahrenen und verantwortungsbewussten Jägern auch einzeln anwechselnde Alttiere erlegt werden.
Die Studie „Risiko von Kälberwaisen bei Rotwild auf Bewegungsjagden“ können Sie hier herunterladen: