(hr-iNFO/ Frankfurter Neue Presse vom 13.1.18) Bereits vor über 30 Jahren gab es erste Anzeichen, dass die Rotwildgenetik in Mittelhessen verarmt. Damals stellten Wissenschaftler im Krofdorfer Forst nördlich von Gießen und Wetzlar fest, dass die genetische Vielfalt zurückgeht. Gemeinsam mit den Rotwild-Hegegemeinschaften im Krofdorfer Forst, im Lahn- und im Dill-Bergland sowie im hohen und nördlichen Vogelsberg wurden nun von Forschern der Uni Gießen erneut Gen-Proben von 300 erlegten Stücken Rotwild ausgewertet. Das Ergebnis: Die Vielfalt der Rotwildgenetik ist besonders im Krofdorfer Forst und im nördlichen Vogelsberg noch weiter zurückgegangen.
Die Tiere haben durch den Verlust der genetischen Vielfalt immer weniger Möglichkeiten, sich an langfristige Umweltveränderungen anpassen. „Wenn wir das mit einem Kartenspiel vergleichen, dann fehlt den Hirschen mittlerweile ein As im Ärmel“, erklärt Professor Gerald Reiner, Veterinärmediziner an der Universität in Gießen und Leiter der Studie. Mittelfristig gefährde das ihre Gesundheit. Eine Ursache für den Genverlust sehen die Wissenschaftler in Autobahnen und anderen stark befahrenen Straßen, die den Genaustausch der Populationen behindern. Reiner zufolge sind besonders die Verbindung zwischen Gießen und Wetzlar sowie die A5 problematisch. Die fünf Hegegemeinschaften der Region fordern daher, Wild- oder Grünbrücken zu bauen, um dem Rotwild das Wandern zwischen den Gebieten wieder zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen Ruhezonen geschaffen werden, in denen weder Jäger noch Waldbesucher das Wild stören sollen.
Junger Hirsche als Retter der Rotwildgenetik
Außerdem fordern die Hegegemeinschaften eine Änderung des Hessischen Jagdgesetzes, nach dem junge Hirsche bisher in den Korridoren zwischen den Rotwildgebieten geschossen werden müssen. Denn zwischen diesen Arealen ist das Wild aus forstlichen Gründen weitestgehend unerwünscht. Das sei aber ebenfalls schlecht für die Vielfalt der Genetik vom Rotwild, da vor allem junge Hirsche wandern. „Wenn man schon solche getrennten Populationen bildet, dann muss man auch dafür sorgen, dass ein Austausch besteht“, betont Gerald Reiner. Die massive Reduktion des Bestandes in den 80ern wirke sich bis heute ebenfalls fatal auf die genetische Vielfalt aus. „Wir wollen auch zukünftigen Generationen den Wildbestand erhalten“, ist Reiners Credo. Dabei geht es ihm nicht nur um den Rothirsch. „Wenn das Rotwild nicht durchkommt, dann gilt das für andere Arten umso mehr“, warnt er. So lässt sich von den Erkenntnissen der Studie auch auf andere Tiere schließen und Verbesserungsmaßnahmen zum Austausch der Rotwildgenetik kommt auch anderen Arten wie dem Luchs oder der Wildkatze zugute.
Die Studie zur Rotwildgenetik soll nun auf ganz Hessen ausgedehnt werden. Dazu sammelt das Forschungsteam in der aktuellen Jagdsaison Proben von geschossenen Tieren aus dem ganzen Bundesland.
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