Der Rothirsch als Naturschützer

Hamburg, 7. Juli 2016. Rothirsche und andere Huftiere sind der Schlüssel für viele ökologische Prozesse und ihr Wirken ist häufig Ausgangspunkt für besonderen Artenreichtum und Biologische Vielfalt. Doch selbst in unseren großen Schutzgebieten wie den National- oder Naturparken und den Biosphärenreservaten wird unser größtes heimisches Wildtier meist nur geduldet und nicht als Bestandteil der zu schützenden ökologischen Prozesse wahrgenommen. Um diesen Konflikt ging es auf dem 8. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung in Baden-Baden. Über 170 Teilnehmer aus Naturschutz-, Jagd- und Forstbehörden, Politik und Wissenschaft kamen im Kurhaus Casino zusammen, um bis Samstag über den Umgang mit großen Huftieren wie dem Rothirsch in Großschutzgebieten zu diskutieren.

„In Großschutzgebieten muss sich der Umgang mit dem Rothirsch von der intensiv durch Land- und Forstwirtschaft genutzten Landschaft unterscheiden“, forderte Professor Dr. Fritz Vahrenholt, Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. Immerhin ein Drittel der Fläche Deutschlands liegt in einem Großschutzgebiet. In vielen dieser Gebiete darf sich Rotwild jedoch bereits per Gesetz nicht ausbreiten. „Der Rothirsch lebt in Baden-Württemberg gerade einmal auf vier Prozent der Landesfläche – das Biosphärengebiet Schwäbische Alb ist beispielsweise per Gesetz rotwildfrei.“ Prof. Vahrenholt plädierte dafür, Rotwildbezirke abzuschaffen oder wenigstens zu erweitern.

Auf Flächen, die exklusiv der Natur vorbehalten sind, soll nach den Vorstellungen der Deutschen Wildtier Stiftung der Einfluss von Rothirsch & Co. als natürlicher Lebensraumgestalter verstanden und unterstützt werden. Diese sogenannten Prozessschutzflächen, die zum Beispiel in den Nationalparken liegen, entsprechen weniger als 1 % der Fläche Deutschlands, machen unterm Strich aber weit über 100.000 Hektar oder 130.000 Fußballfelder aus. „Auf diesen Flächen sollte die Jagd ruhen und Natur wirklich Natur sein dürfen“, fordert Professor Dr. Fritz Vahrenholt.

Als Rothirsche noch die Adriaküste entlang wanderten

(derstandard.at vom  19. Juni 2016) Für die meisten Menschen ist der Rothirsch der „König des Waldes“. Tatsächlich ist Europas zweitgrößte Hirschart erst mit der Ausbreitung des Menschen nach und nach zum Waldbewohner geworden – davor lebten die Tiere eher in Gebieten mit wenig Gehölzen oder Bäumen oder sogar in Steppen-ähnlichen Landschaften. Und sie dürften über weite Strecken gewandert sein, berichten Forscher der University of Georgia nach Fossilienfunden aus dem Adriaraum. Heute gibt es an den dichtbesiedelten Adriaküsten keine Rothirsche mehr. In der Altsteinzeit zogen sie jedoch offenbar mit dem Wechsel der Jahreszeiten die Küste entlang. Das Forscherteam analysierte die bis zu 12.000 Jahre alten fossilen Zähne von Rothirschen, Steinböcken und Gämsen aus drei Höhlen, die einst von Menschen bewohnt waren. Dabei interessierte sie der Anteil eines Sauerstoffisotops, das bei migrierenden Tieren eine geringere Schwankungsbreite als bei ortstreuen aufweist. Es zeigte sich, dass die Hirsche – anders als die beiden Spezies von Ziegenartigen – regelmäßig gewandert sein müssen; und die als Jäger und Sammler lebenden Menschen sind ihnen gefolgt. Die Forscher konnten über die Isotopenanalyse aber auch mitverfolgen, wie sich die Lebensweise der Hirsche im Lauf der Jahrtausende verändert hat. Je weiter es von der Alt- auf die Mittelsteinzeit zuging, desto geringer wurden die Entfernungen, die die Hirsche zurücklegten oder noch zurücklegen konnten.

Den vollständigen Artikel in derstandard.at  finden Sie hier.

Die wissenschaftliche Veröffentlichung finden Sie hier.

Pilaar Birch SE, Miracle PT, Stevens RE, O’Connell TC (2016) Late Pleistocene/Early Holocene Migratory Behavior of Ungulates Using Isotopic Analysis of Tooth Enamel and Its Effects on Forager Mobility. PLoS ONE 11(6): e0155714. doi:10.1371/journal.pone.0155714

Standwild im Hochschwarzwald – die andere Art

(Badische Zeitung vom 09. Juni 2016) Seit ein paar Tagen steht im Hochschwarzwald ein metallener Rothirsch vor der malerischen Kulisse des Schluchsees. Die über drei Meter hohen Skulptur ist die erste von über zehn Skulpturen des Projektes Standwild der Projektgruppe „Rotwildgebiet Südschwarzwald“. Diese Arbeitsgemeinschaft hat bundesweit eine wegweisende Arbeit für den Umgang mit Rotwild geleistet. In der Gruppe haben erstmals nicht nur Förster und Jäger, sondern auch Privatwaldbesitzer, Landwirte, Touristiker, Naturschützer und Wildbiologen gemeinsam einen Weg für und mit dem Rothirsch erarbeitet, die „Rotwildkonzeption Südschwarzwald“.

Nun möchte die Projektgruppe in der Öffentlichkeitsarbeit mit dem Projekt „Standwild“ einen neuen Weg beschreiten. In allen Gemeinden des Rotwildgebiets, Schluchsee, Häusern, Bernau, St. Blasien und Feldberg sollen Hirsche aus Stahl – manche an den Straßen, manche mitten im Rotwildgebiet, als Blickfänge aufgestellt werden und dort möglichst lange Zeit stehen bleiben. Die Hirschfiguren sollen Aufmerksamkeit wecken für den Rothirsch in der Landschaft. Sie sind ein ästhetischer Blickfang am Straßenrand, wecken Aufmerksamkeit für die Rotwildkonzeption und können außerdem Wildunfallschwerpunkte entschärfen. Einige der Hirsche werden von Schulklassen gestaltet, aber einige sollen auch unbehandelt bleiben. Der Witterung ausgesetzt werden sie fast die natürliche Farbe des „Rot“wildes annehmen. Am Ende sollen 40 Hirsche im Rotwildgebiet aufgestellt werden.

Den vollständigen Artikel in der Badischen Zeitung finden Sie hier.

 

Rotwild in Nordvorpommern

Die urigen, kaum zerschnittenen Laubwälder Nordvorpommerns bieten nicht nur dem seltenen Schreiadler einen Rückzugsraum, sondern sind auch viel genutzte Einstandsbereiche des Rotwildes. Sogar die großen Ackerflächen, Feldgehölze und Schilfröhrichte zwischen Stralsund, Velgast und dem Recknitztal werden vom Rotwild im Jahresverlauf als Lebensraum genutzt. Die Landesforst MV präsentiert daher bis zum 26. Juni gemeinsam mit dem Landkreis Vorpommern-Rügen die Wanderausstellung „Der Rothirsch in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern „ in Schuenhagen.

Viele Menschen wissen nur wenig über den „König des Waldes“. Der Glaube, das Reh sei die „Frau vom Hirsch“, ist noch weit verbreitet. Der „röhrende Hirsch“ hängt als Wandbild im Wohnzimmer, die Hegeschauen der Jäger werden von manchen als reine „Knochen-Präsentation“ wahrgenommen und dem einen oder anderen erscheint das Naturerlebnis, Rotwild in freier Wildbahn zu beobachten, nur ein Privileg von Jägern zu sein. Schließlich können hohe Bestände erhebliche Schäden in Wald und Feld anrichten. Die Wanderausstellung der Deutschen Wildtier Stiftung verfolgt das Ziel, diese faszinierende Tierart vor unserer Haustür aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten und den Menschen näher zu bringen. Sie ist daher für Familien und Naturfreunde ebenso interessant wie für Fachleute. Sie enthält Fakten über Biologie, Verhalten und Verbreitung des Rotwildes in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern. Auch Konfliktfelder und Lösungswege werden behandelt. Die Ausstellung wurde vom Land Mecklenburg-Vorpommern finanziell unterstützt.

Die Landesforst MV präsentiert die Wanderausstellung „Der Rothirsch in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern “ gemeinsam mit dem Landkreis Vorpommern-Rügen als Träger des Naturschutzgroßprojekts „chance.natur – Nordvorpommersche Waldlandschaft“ in den Räumen des ehemaligen Pferdestalles auf dem Forstamtshof in Schuenhagen. Die Ausstellung ist bis zum 26. Juni in Schuenhagen.

Hirsch an Deck

(Neue Zürcher Zeitung vom 7.4.2016) Wo der Mensch hingeht, nimmt er Tiere mit. Wie britische Forscher nun festgestellt haben, gelangten bereits vor Tausenden Jahren Rothirsche durch den Menschen auf abgelegene schottische Inseln – und zwar als Bootspassagiere. Die Forscher untersuchten Erbgut aus Rothirsch-Knochen von den Äusseren und Inneren Hebriden, aus Orkney und vom schottischen Festland und verglichen es mit DNA-Sequenzen anderer Rothirsche. Wie sich zeigte, waren die Hirsche des Festlandes und der Inneren Hebriden eng miteinander und mit Tieren aus Irland und Norwegen verwandt. Das stützt laut den Forschern die These, dass Irland von England aus besiedelt worden sei, möglicherweise über die Inneren Hebriden.

Zu dem ganzen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung gelangen Sie hier.

Zu der wissenschaftliche Veröffentlichung der Royal Society gelangen Sie hier.
Stanton DWG, Mulville JA, Bruford MW. (2016): Colonization of the Scottish islands via long-distance Neolithic transport of red deer (Cervus elaphus). Proc. R. Soc. B 283: 20160095.

Rotwild im Rampenlicht

(Kyffhäuser Nachrichten vom 03.03.2016) Im Rahmen des Projektes „Wildtiermanagement“ des Naturschutzgroßprojektes Hohe Schrecke findet in diesem Frühjahr die bereits 3. Rotwildzählung in Kooperation mit der ansässigen Jägerschaft statt. Die Methode zur Erfassung des Rotwildbestandes ist dabei die Scheinwerferzählung. Bei Anbruch der Dunkelheit machen sich alle Beteiligten, verteilt auf mehrere Geländewagen, auf den Weg in die Hohe Schrecke. Dabei fährt jedes Team entlang einer zuvor abgestimmten Route und leuchtet mit zwei großen Scheinwerfern in den Wald. Bei noch blätterlosen Bäumen ermöglichen die Scheinwerfer tiefe Einblicke in den Wald. Nicht nur Rotwild wird gesehen – auch viele andere Waldtiere, wie Baummarder, Wildkatzen oder Füchse stehen im Licht der Scheinwerfer. Die Aktion dauert manchmal bis in die frühen Morgenstunden. Die Nachweise werden protokolliert und im Anschluss auf eine Karte übertragen.

Besonders das Rotwild ist eine wichtige Leitart im Naturschutzgroßprojekt. Zusammen mit den Ergebnissen der vorherigen Jahre geben die Daten Aufschluss über die räumliche Verteilung des Rotwildes in den Winter- und Frühjahrsmonaten sowie über die Populationsentwicklung und somit über die Größe des Rotwildbestandes. Gleichfalls ermöglicht diese nächtliche Aktion nicht alltägliche Begegnungen mit unseren tierischen Waldbewohnern – mit bleibenden Eindrücken.

Die vollständige Nachricht in den Kyffhäuser Nachrichten finden Sie hier.

Mehr zu den Methoden zur Erfassung von Rotwild und anderem Schalenwild finden Sie hier.

 

Wildtier ohne Grenzen? – Rotwild in Schleswig-Holstein

Im Rahmen der Outdoor-Messe 2016 findet am 08. April ein Rotwildseminar in den Holstenhallen in Neumünster statt. Das Seminar beschäftigt sich mit der Verbreitung, Entwicklung und Bejagung des Rotwildes in Schleswig-Holstein und wirft einen Blick über die Landesgrenze nach Dänemark. Denn neben den traditionellen Einstandsgebieten im Lauenburgischen und in der Segeberger Heide gibt es auch in Nordfriesland und Dithmarschen Rotwildvorkommen entlang alter Fernwechsel. Das Seminar wird in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. veranstaltet.

Termin: Freitag, 8. April 2016

Beginn: 09.00 Uhr

Ort: Holstenhallen Neumünster

Programm:

  • Verfemt oder gehätschelt? – Aktuelle Situation des Rotwilds im Landesteil Schleswig (Karl-Peter Tadsen, AK Schalenwild im LJV Schleswig-Holstein)
  • Unbegrenzte Vermehrung? – Rotwild in Dänemark (Mads Flinterup, Danmarks Jægerforbund)
  • Hegen oder ausrotten? – Optionen zum Umgang mit dem Rotwild im Norden Schleswig-Holsteins (Marcus Meißner, Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e.V.)
  • Rotwild auf neuen Wegen – Wie wichtig ist der genetische Austausch zwischen den Populationen in Dänemark und Schleswig-Holstein? (Hendrik Edelhoff, Georg-August-Universität Göttingen)
  • Der Hirsch und die biologische Vielfalt (PD Dr. Heinrich Reck, Christian-Albrechts-Universität Kiel)
  • Problemtier Rothirsch? – Natürliche Verhaltensweisen des Rotwildes (Dr. Andreas Kinser, Deutsche Wildtier-Stiftung)
  • Rotwild und seine Jäger – Raumnutzung unter Jagdeinfluss (Mark Nitze, Fachbüro für Wildtierforschung und Naturbildung Rietschen)

Das vollständige Programm des Rotwildseminars finden Sie hier.

 

Haben die Rotwildbezirke ausgedient?

(Taunus Zeitung vom 11.01.2016) Der Rothirsch ist das größte in Deutschland regelmäßig vorkommende Säugetier. Auch in dicht besiedelten Räumen kann Rotwild – sofern es den politischen Willen dafür gibt – einen artgerechten Lebensraum finden. Dieser Ansicht ist der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC – Conseil International de la Chasse et de la Conservation du Gibier). Mindestens 200.000 Stück Rotwild leben in Deutschland und ca. 70.000 von ihnen werden jedes Jahr erlegt. Allerdings: Aus forstlichen Gründen darf Rotwild und anderes Schalenwild vor allem in den südlichen Bundesländern nur in sogenannten Rotwildbezirken leben. Außerhalb dieser Bezirke muss die Art in manchen Ländern per Gesetz ausgerottet werden. Um den Konflikt zwischen dem Lebensraum- und Nahrungsbedarf des Rotwildes und dem Nutzungsinteresse des Menschen zu lösen, müssen sich politische Rahmenbedingungen und die Praxis sowohl von Landnutzung wie auch von Jagd ändern. Mit seinem Rotwildpapier fordert der CIC nun unter anderem, die Schusszeiten auf Rotwild zu verkürzen. Außerdem hält es der CIC für nicht mehr zeitgemäß, das Rotwild in seinem Lebensraum zu beschränken und fordert daher, dass sich der Rothirsch seinen Lebensraum selbst suchen darf. Die Rotwildbezirke in Deutschland sind aufzuheben. Politisch dürfe der Waldnutzung kein Vorrang vor dem Lebensrecht des Rotwildes eingeräumt werden. „Wald vor Wild“ sei als politisches Dogma aus den Landesgesetzen zu streichen.

Zum vollständigen Artikel in der Taunus Zeitung gelangen Sie hier.

Neue Studie zur Winteranpassung des Rotwildes

(Stuttgarter-Zeitung.de vom 03. Januar 2016) Wie sehr Rotwild seinen Organismus an die wechselnden Jahreszeiten anpassen kann, haben Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Wien in einer neuen Studie vorgestellt:Im Winter verdaut das Rotwild seine Nahrung in einem kleineren Verdauungstrakt. Wird es wieder wärmer, gibt es mehr zu fressen und die Organe werden wieder größer.

Um ihren Stoffwechsel in Gang zu halten, benötigen Rothirsche im Winter mehr Energie. Allerdings finden sie jetzt viel weniger zu fressen als im Sommer und die Pflanzen enthalten obendrein kaum noch Nährstoffe. Ein tödliches Dilemma droht, das die Hirsche mit ihren in der warmen Jahreszeit angefressenen Fettvorräten allein kaum lösen können. Daher passen sie ihren Organismus mit einer Reihe von Maßnahmen an die harschen Winter an, berichten Walter Arnold von der Veterinärmedizinischen Universität Wien und seine Kollegen in der Fachzeitschrift „American Journal of Physiology“.

Den vollständigen Artikel zur Winteranpassung finden Sie hier.

Kleinere Organe benötigen weniger Energie

Den Tricks der Winteranpassung des Rotwilds kamen die Forscher auf die Schliche, als sie drei Jahre lang 16 Hirschkühe durch alle vier Jahreszeiten fütterten – und dabei verblüffende Zusammenhänge beobachteten: Um ihren Körper auch im Winter auf Betriebstemperatur aufzuheizen, brauchen die Tiere bei tieferen Temperaturen mehr Energie. Trotzdem fressen die Hirschkühe im Winter gerade einmal halb so viel wie im Sommer. Dabei stand ihnen beliebig viel Nahrung zu Verfügung. Ein genauer Blick auf den Organismus und eine detaillierte Analyse des Stoffwechsels der Tiere erklärte den Forschern dieses rätselhafte Verhalten: So schrumpften die Verdauungsorgane des Rotwilds im Winter erheblich. Diese Maßnahme können die Tiere sich gut leisten, weil sie ohnehin weniger fressen und daher weniger zu verdauen haben. Die kleineren Organe wiederum brauchen weniger Energie.

Bessere Nahrungsausnutzung

Gelöst ist das Problem damit aber bei weitem noch nicht. Erst als die Forscher die Vorgänge in der Darmwand der Hirsche analysierten, entlarvten sie den entscheidenden Trick, mit dem die Tiere die Winteranpassung vervollständigen. Dort transportieren die Zellen Bestandteile der gefressenen Nahrung wie Zucker und Teile von Proteinen in den Organismus, die besonders viel Energie enthalten. Im Winter aber transportieren die Zellen dort die nahrhaften Zucker und Protein-Bruchstücke viel schneller in den Organismus als im Sommer. In der kalten Jahreszeit nutzen die Hirsche so die Nahrung viel besser als an warmen Tagen aus. Diese Überlegung bestätigen die Forscher, wenn sie den Kot der Tiere untersuchen. Im Winter finden sie darin erheblich weniger Proteine als im Sommer. „Im Winter zählt eben jede Kalorie“, fasst Walter Arnold zusammen.

Die vorgestellte Studie zum saisonalen Wechsel von Organmasse und Nährstoffaufnahme beim Rotwild finden Sie hier:

Walter ARNOLD, Christoph BEIGLBÖCK, Marion BURMESTER, Maria GUSCHLBAUER, Astrid LENGAUER, Bernd SCHRÖDER, Mirja WILKENS, Gerhard BREVES. Contrary seasonal changes of rates of nutrient uptake, organ mass, and voluntary food intake in red deer (Cervus elaphus). American Journal of Physiology – Regulatory, Integrative and Comparative Physiology, 2015; 309 (3): R277 DOI:

Forderung nach Jagdverzicht im Winter

Die Ergebnisse dieser neuen Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien unterstreichen die Notwendigkeit von Energie-Spar-Möglichkeiten für Rotwild im Winter. Die Wissenschaftler um Walter Arnold haben bereits vor einigen Jahren eine temporäre Stoffwechselruhe des Rotwildes in der kalten Jahreszeit nachweisen können. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher seit langem, die Jagd auf Rotwild am 31. Dezember eines Jahres zu beenden. Durch die Möglichkeit zur Energieersparnis werden dadurch indirekt auch Wald-Wildschäden verhindert.

Nationalpark Schwarzwald will Jagdruhezone für Schalenwild

(Stuttgarter Zeitung vom 01. September 2015) Die Grundidee von Nationalparken ist der Prozessschutz. Der Mensch zieht sich zurück und lässt der Natur freien Lauf. Das unterscheidet die Schutzgebietskategorie „Nationalpark“ von z.B. „Naturschutzgebieten“, in denen durch gezielte Pflegemaßnahmen bestimmte Arten oder Lebensräume erhalten werden können. Die Idealvorstellung einer ungezügelten Natur stößt jedoch häufig an Akzeptanz-Grenzen, wenn sich zeigt, dass Natur auch zerstörerisch wirken kann – wenn Stürme oder Feuer wüten, Borkenkäfer Fichten kahl fressen oder Rotwild und Rehe Bäume schädigen. In einem Nationalpark aber spricht man nicht von Schaden. Im Prozessschutz gehört alles zum Ökosystem, ob Pflanzen, Pilze, Insekten, Tiere – gleichberechtigt und wertneutral. Der Nationalpark Nordschwarzwald will daher das Prozessschutz-Prinzip nun auch für große Wildtiere gelten lassen: Von Herbst an soll das Rotwild im Nationalpark Nordschwarzwald auf rund 2000 Hektar nicht mehr geschossen werden. Eine echte Herausforderung ist dabei der Anspruch, den Abschussplan für das gesamte Gebiet trotzdem zu erfüllen, um die angrenzenden Wirtschaftswälder nicht zu gefährden. Das zukünftige Jagdkonzept stützt sich daher vor allem auf zwei Bereiche: Bewegungsjagd und ausreichende Äsungsflächen.

Den vollständigen Artikel finden Sie hier.

Rotwild und anderes Schalenwild übernimmt in großen Ökosystemen häufig ganz unbemerkt ökologische Funktionen. Mehr zur Öko-Rolle von Rothirsch & Co, finden Sie hier.