Schlagwortarchiv für: Cervus elaphus

Hirsch an Deck

(Neue Zürcher Zeitung vom 7.4.2016) Wo der Mensch hingeht, nimmt er Tiere mit. Wie britische Forscher nun festgestellt haben, gelangten bereits vor Tausenden Jahren Rothirsche durch den Menschen auf abgelegene schottische Inseln – und zwar als Bootspassagiere. Die Forscher untersuchten Erbgut aus Rothirsch-Knochen von den Äusseren und Inneren Hebriden, aus Orkney und vom schottischen Festland und verglichen es mit DNA-Sequenzen anderer Rothirsche. Wie sich zeigte, waren die Hirsche des Festlandes und der Inneren Hebriden eng miteinander und mit Tieren aus Irland und Norwegen verwandt. Das stützt laut den Forschern die These, dass Irland von England aus besiedelt worden sei, möglicherweise über die Inneren Hebriden.

Zu dem ganzen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung gelangen Sie hier.

Zu der wissenschaftliche Veröffentlichung der Royal Society gelangen Sie hier.
Stanton DWG, Mulville JA, Bruford MW. (2016): Colonization of the Scottish islands via long-distance Neolithic transport of red deer (Cervus elaphus). Proc. R. Soc. B 283: 20160095.

Rotwild im Rampenlicht

(Kyffhäuser Nachrichten vom 03.03.2016) Im Rahmen des Projektes „Wildtiermanagement“ des Naturschutzgroßprojektes Hohe Schrecke findet in diesem Frühjahr die bereits 3. Rotwildzählung in Kooperation mit der ansässigen Jägerschaft statt. Die Methode zur Erfassung des Rotwildbestandes ist dabei die Scheinwerferzählung. Bei Anbruch der Dunkelheit machen sich alle Beteiligten, verteilt auf mehrere Geländewagen, auf den Weg in die Hohe Schrecke. Dabei fährt jedes Team entlang einer zuvor abgestimmten Route und leuchtet mit zwei großen Scheinwerfern in den Wald. Bei noch blätterlosen Bäumen ermöglichen die Scheinwerfer tiefe Einblicke in den Wald. Nicht nur Rotwild wird gesehen – auch viele andere Waldtiere, wie Baummarder, Wildkatzen oder Füchse stehen im Licht der Scheinwerfer. Die Aktion dauert manchmal bis in die frühen Morgenstunden. Die Nachweise werden protokolliert und im Anschluss auf eine Karte übertragen.

Besonders das Rotwild ist eine wichtige Leitart im Naturschutzgroßprojekt. Zusammen mit den Ergebnissen der vorherigen Jahre geben die Daten Aufschluss über die räumliche Verteilung des Rotwildes in den Winter- und Frühjahrsmonaten sowie über die Populationsentwicklung und somit über die Größe des Rotwildbestandes. Gleichfalls ermöglicht diese nächtliche Aktion nicht alltägliche Begegnungen mit unseren tierischen Waldbewohnern – mit bleibenden Eindrücken.

Die vollständige Nachricht in den Kyffhäuser Nachrichten finden Sie hier.

Mehr zu den Methoden zur Erfassung von Rotwild und anderem Schalenwild finden Sie hier.

 

Wildtier ohne Grenzen? – Rotwild in Schleswig-Holstein

Im Rahmen der Outdoor-Messe 2016 findet am 08. April ein Rotwildseminar in den Holstenhallen in Neumünster statt. Das Seminar beschäftigt sich mit der Verbreitung, Entwicklung und Bejagung des Rotwildes in Schleswig-Holstein und wirft einen Blick über die Landesgrenze nach Dänemark. Denn neben den traditionellen Einstandsgebieten im Lauenburgischen und in der Segeberger Heide gibt es auch in Nordfriesland und Dithmarschen Rotwildvorkommen entlang alter Fernwechsel. Das Seminar wird in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband Schleswig-Holstein e.V. veranstaltet.

Termin: Freitag, 8. April 2016

Beginn: 09.00 Uhr

Ort: Holstenhallen Neumünster

Programm:

  • Verfemt oder gehätschelt? – Aktuelle Situation des Rotwilds im Landesteil Schleswig (Karl-Peter Tadsen, AK Schalenwild im LJV Schleswig-Holstein)
  • Unbegrenzte Vermehrung? – Rotwild in Dänemark (Mads Flinterup, Danmarks Jægerforbund)
  • Hegen oder ausrotten? – Optionen zum Umgang mit dem Rotwild im Norden Schleswig-Holsteins (Marcus Meißner, Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e.V.)
  • Rotwild auf neuen Wegen – Wie wichtig ist der genetische Austausch zwischen den Populationen in Dänemark und Schleswig-Holstein? (Hendrik Edelhoff, Georg-August-Universität Göttingen)
  • Der Hirsch und die biologische Vielfalt (PD Dr. Heinrich Reck, Christian-Albrechts-Universität Kiel)
  • Problemtier Rothirsch? – Natürliche Verhaltensweisen des Rotwildes (Dr. Andreas Kinser, Deutsche Wildtier-Stiftung)
  • Rotwild und seine Jäger – Raumnutzung unter Jagdeinfluss (Mark Nitze, Fachbüro für Wildtierforschung und Naturbildung Rietschen)

Das vollständige Programm des Rotwildseminars finden Sie hier.

 

Nager haben Hirschgeweihe zum Fressen gern

Welche Rolle spielt Rotwild in der Natur? Die Antwort hängt davon ab, wen Sie fragen. Für die einen ist der Hirsch im Wald eine Art „Elefant im Porzellanladen“: Also ein Schädling, den es zu bekämpfen gilt. Für die anderen ist Rotwild Teil des Ökosystems; ein „Natur-Gestalter“, ohne den andere Arten nicht existieren würden.

Das 8. Rotwildsymposium der Deutschen Wildtier Stiftung findet vom 7. – 9. Juli 2016 unter dem Titel „Der Rothirsch als Naturschützer“ in Baden-Baden statt.

 

Hamburg, 10. Februar 2016. Im Februar stehen selbst Platzhirsche plötzlich „oben ohne“ da! Der Abwurf des Geweihs ist mit dem Tiefstand des Sexualhormons Testosteron verbunden. Knochenfressende Zellen, sogenannte Osteoklasten, haben den Knochen zwischen Geweih und Stirnzapfen zerstört. Die Geweihstange löst sich und fällt ab.

Was für den Rothirsch zunächst ein Verlust ist, bringt vielen anderen Wildtieren einen Gewinn. „Mäuse, Eichhörnchen und Füchse knabbern an dem Geweihknochen, um an die wertvollen Mineralien wie Kalzium, Magnesium und Phosphor sowie Spurenelemente wie Eisen zu gelangen“, sagt Dr. Andreas Kinser, Forst- und Jagdexperte der Deutschen Wildtier Stiftung. „Nicht nur Nager haben Hirschgeweihe zum Fressen gern.“ Die durch die Zersetzung der Abwurfstangen frei werdenden Mineralstoffe sind typische Bestandteile zur Bodendüngung und damit ein kleiner aber wertvoller Stein im Baukasten der Natur.

In dem immerwährenden Kreislauf von Werden und Vergehen bekommt auch der Rothirsch seine „Krone“ zurück. Schon bald nach dem Abwurf beginnt der Knochen erneut zu wachsen. Was sich jetzt in nur 140 Tagen abspielt, verblüfft bis heute die Wissenschaftler: Der Rothirsch bildet in kürzester Zeit so viel Knochenmasse, dass bis zum Spätsommer ein komplett neues Geweih gewachsen ist. Dieser Prozess der Geweihbildung wird von Humanmedizinern erforscht, um Brüche und Knochenerkrankungen bei Menschen in Zukunft besser und schneller zu heilen.

Pressekontakt
Eva Goris, Pressesprecherin, Christoph-Probst-Weg 4, 20251 Hamburg,
Telefon 040 9707869-13, Fax 040 9707869-19,
E.Goris@DeutscheWildtierStiftung.de, www.DeutscheWildtierStiftung.de

Neue Studie zur Winteranpassung des Rotwildes

(Stuttgarter-Zeitung.de vom 03. Januar 2016) Wie sehr Rotwild seinen Organismus an die wechselnden Jahreszeiten anpassen kann, haben Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Wien in einer neuen Studie vorgestellt:Im Winter verdaut das Rotwild seine Nahrung in einem kleineren Verdauungstrakt. Wird es wieder wärmer, gibt es mehr zu fressen und die Organe werden wieder größer.

Um ihren Stoffwechsel in Gang zu halten, benötigen Rothirsche im Winter mehr Energie. Allerdings finden sie jetzt viel weniger zu fressen als im Sommer und die Pflanzen enthalten obendrein kaum noch Nährstoffe. Ein tödliches Dilemma droht, das die Hirsche mit ihren in der warmen Jahreszeit angefressenen Fettvorräten allein kaum lösen können. Daher passen sie ihren Organismus mit einer Reihe von Maßnahmen an die harschen Winter an, berichten Walter Arnold von der Veterinärmedizinischen Universität Wien und seine Kollegen in der Fachzeitschrift „American Journal of Physiology“.

Den vollständigen Artikel zur Winteranpassung finden Sie hier.

Kleinere Organe benötigen weniger Energie

Den Tricks der Winteranpassung des Rotwilds kamen die Forscher auf die Schliche, als sie drei Jahre lang 16 Hirschkühe durch alle vier Jahreszeiten fütterten – und dabei verblüffende Zusammenhänge beobachteten: Um ihren Körper auch im Winter auf Betriebstemperatur aufzuheizen, brauchen die Tiere bei tieferen Temperaturen mehr Energie. Trotzdem fressen die Hirschkühe im Winter gerade einmal halb so viel wie im Sommer. Dabei stand ihnen beliebig viel Nahrung zu Verfügung. Ein genauer Blick auf den Organismus und eine detaillierte Analyse des Stoffwechsels der Tiere erklärte den Forschern dieses rätselhafte Verhalten: So schrumpften die Verdauungsorgane des Rotwilds im Winter erheblich. Diese Maßnahme können die Tiere sich gut leisten, weil sie ohnehin weniger fressen und daher weniger zu verdauen haben. Die kleineren Organe wiederum brauchen weniger Energie.

Bessere Nahrungsausnutzung

Gelöst ist das Problem damit aber bei weitem noch nicht. Erst als die Forscher die Vorgänge in der Darmwand der Hirsche analysierten, entlarvten sie den entscheidenden Trick, mit dem die Tiere die Winteranpassung vervollständigen. Dort transportieren die Zellen Bestandteile der gefressenen Nahrung wie Zucker und Teile von Proteinen in den Organismus, die besonders viel Energie enthalten. Im Winter aber transportieren die Zellen dort die nahrhaften Zucker und Protein-Bruchstücke viel schneller in den Organismus als im Sommer. In der kalten Jahreszeit nutzen die Hirsche so die Nahrung viel besser als an warmen Tagen aus. Diese Überlegung bestätigen die Forscher, wenn sie den Kot der Tiere untersuchen. Im Winter finden sie darin erheblich weniger Proteine als im Sommer. „Im Winter zählt eben jede Kalorie“, fasst Walter Arnold zusammen.

Die vorgestellte Studie zum saisonalen Wechsel von Organmasse und Nährstoffaufnahme beim Rotwild finden Sie hier:

Walter ARNOLD, Christoph BEIGLBÖCK, Marion BURMESTER, Maria GUSCHLBAUER, Astrid LENGAUER, Bernd SCHRÖDER, Mirja WILKENS, Gerhard BREVES. Contrary seasonal changes of rates of nutrient uptake, organ mass, and voluntary food intake in red deer (Cervus elaphus). American Journal of Physiology – Regulatory, Integrative and Comparative Physiology, 2015; 309 (3): R277 DOI:

Forderung nach Jagdverzicht im Winter

Die Ergebnisse dieser neuen Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien unterstreichen die Notwendigkeit von Energie-Spar-Möglichkeiten für Rotwild im Winter. Die Wissenschaftler um Walter Arnold haben bereits vor einigen Jahren eine temporäre Stoffwechselruhe des Rotwildes in der kalten Jahreszeit nachweisen können. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert daher seit langem, die Jagd auf Rotwild am 31. Dezember eines Jahres zu beenden. Durch die Möglichkeit zur Energieersparnis werden dadurch indirekt auch Wald-Wildschäden verhindert.

Neuer Leitfaden für die moderne Rotwildjagd

Das Rotwild ist nicht nur die größte Schalenwildart in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sie ist auch die sensibelste. Bei keiner anderen Art können durch Jagdfehler so leicht Schäden provoziert werden. Das WILD UND HUND Sonderheft „Auf den Hirsch“ zeigt, wie aus wildbiologischen Erkenntnissen eine Jagdpraxis wird, die zu einem tagaktiven Rotwildbestand führt. Erfahrene Autoren erläutern, worauf sich der Jäger beim Ansprechen konzentrieren muss, wie die Jagd mit Ruhezonen funktioniert, wie eine Drückjagd auf Rotwild organisiert wird und was es bei der Ansitzjagd zu beachten gilt. Ein Beitrag der Deutschen Wildtier Stiftung setzt sich mit den natürlichen Verhaltensweisen des Rotwildes auseinander.

Das Sonderheft „Auf den Hirsch“ können Sie hier bestellen. 

WILD UND HUND Exklusiv Nr. 46: Auf den Hirsch inkl. DVD, 100 Seiten, 9,90 € zzgl. Versandkosten

Riesenhirsche überlebten die Eiszeit

(scinexx.de vom 10.06.15) In Baden-Württemberg gefundene Knochenreste haben sich überraschend als Relikte des Megaloceros giganteus, des Riesenhirsches, entpuppt. Im Journal „Scientific Reports“ hat ein Autorenteam u.a. von der Uni Tübingen ihre Untersuchungen der Knochenfragmente veröffentlicht: Demnach verschwanden die letzten Riesenhirsche offenbar doch nicht bereits in der Eiszeit aus Mitteleuropa. Stattdessen müssen einige Individuen noch vor 12.000 Jahren gelebt haben.

Der Riesenhirsch war einer der großen Pflanzenfresser des Eiszeitalters. Mit einer Schulterhöhe von zwei Metern und einem Geweih von bis zu 3,40 Metern Spannbreite war er eine imposante Erscheinung, die von unseren Vorfahren auch in vielen Höhlenbildern verewigt wurde. Doch mit dem Höhepunkt der letzten Kaltzeit vor rund 20.000 Jahren verschwand der 1,5 Tonnen schwere Hirsch aus Mitteleuropa – so dachte man jedenfalls bisher. Nur im Nordwesten Europas hielten sich noch einige Vorkommen, vor rund 7.000 Jahren starb der Riesenhirsch dann endgültig aus. Doch nun sind Johannes Krause von der Universität Tübingen und seine Kollegen bei Ausgrabungen in zwei Höhlen am Rand der Schwäbischen Alb auf fossile Knochen eines hirschähnlichen Tieres gestoßen. Datierungen ergaben, dass diese Relikte rund 12.000 Jahre alt sind. Weil zu dieser Zeit schon lange keine Riesenhirsche in dieser Gegend mehr vorkamen, hielt man die Knochen zunächst für die Relikte eines Urzeit-Elchs. Um ganz sicher zu gehen, unterzogen die Forscher die in den Höhlen Hohle Fels und Hohlenstein-Stadel entdeckten Knochen einer genetischen Untersuchung. Es gelang ihnen dabei, mitochrondriale DNA aus den Knochen zu gewinnen und auf ihre Artzugehörigkeit zu analysieren. Das überraschende Ergebnis: Es handelte sich eindeutig um Knochen des Riesenhirschs Megaloceros giganteus.

„Diese unerwartete Präsenz von Megalocerus giganteus in Süddeutschland nach der Eiszeit deutet darauf hin, dass dieser Riesenhirsch länger hier überlebte als bisher angenommen“, sagen die Forscher. Möglicherweise habe es auch in anderen Gebieten Mitteleuropas solche Überlebenden gegeben.

Konkurrenz durch Rothirsch und Co
Die DNA half den Forschern auch dabei, die Verwandtschaft der Riesenhirsche näher zu bestimmen – und einen möglichen Grund für ihr Aussterben. Demnach ist der heutige Damhirsch und nicht der Rothirsch der engste noch lebende Verwandte des Riesenhirsches. „Anhand des Körperbaus wurde spekuliert, ob der Rothirsch am nächsten mit dem Riesenhirsch verwandt sei, dies können wir in unserer Studie klar widerlegen“, sagt Erstautor Alexander Immel von der Universität Tübingen.

Der Rothirsch scheint dafür schon damals ähnlich wie die Rentiere ein Konkurrent des Riesenhirschs gewesen zu sein, wie Isotopenanalysen der Knochen nahelegten: „Vor der letzten Kaltzeit unterschieden sich die Werte von allen drei Arten, danach zeigte sich eine klare Übereinstimmung“, erklärt Mitautorin Dorothée Drucker. „Das deutet auf einen kleiner werdenden Lebensraum hin oder auf eine sich überschneidende Ernährungsweise der Hirscharten.“

Die Forscher spekulieren, dass sich die Riesenhirsche nach der letzten Kaltzeit den Lebensraum und die Nahrung mit anderen Hirscharten teilen mussten. Zudem war ihr bis zu 3,40 Meter breites Geweih wenig geeignet für das Leben im zunehmend bewaldeten Europa. Wahrscheinlich setzten dem Riesenhirsch die Konkurrenz mit anderen Arten sowie eine mögliche Überjagung durch Menschen zu, was letztlich zum Aussterben dieser imposanten Hirsche führte. (Scientific Reports, 2015;  doiu.a. von der Uni Tübingen : 10.1038/srep10853)

Den gesamten Artikel auf scinexx.de finden Sie hier.

Den online-Artikel „Mitochondrial Genomes of Giant Deers Suggest their Late Survival in Central Europe“ finden Sie hier.